Wirtschaft

Trump und der Stress mit den Autobossen

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Der US-Autoriese GM plant massive Stellenkürzungen – auch wegen steigender Kosten durch höhere Einfuhrzölle auf Stahl. Donald Trump provoziere Boomerang-Effekte, meint der Handelsexperte Stefan Kooths im DW-Gespräch.

Deutsche Welle: Mit der Ankündigung, 15.000 Jobs zu streichen, hat General Motors (GM) den Zorn von US-Präsident Donald Trump auf sich gezogen. Ein wichtiger Grund für den Sparzwang von General Motors sollen steigende Kosten durch die von Trump erhöhten Einfuhrzölle auf Stahl sein. Wird der Präsident nun Opfer seiner eigenen Politik der Abschottung?

Stefan Kooths: Das kann man so sehen. Wir hatten ja früh davor gewarnt, dass diese Maßnahmen – etwa der Protektionismus im Aluminium- und Stahlbereich – sehr schnell auf andere Branchen im eigenen Land übergreifen. Am Ende des Tages leidet die amerikanische Wirtschaft genauso unter diesen Sanktionen wie die übrige Welt. Weltwirtschaftlich gesehen schneidet man sich nützliche Kooperationsmöglichkeiten ab.

Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft

Damit werden alle ärmer und die amerikanische Automobilindustrie wird auch Opfer des US-Protektionismus.

Die Probleme von GM gehen sicher nicht nur auf die höheren Stahlpreise zurück. Sie haben auch etwas damit zu tun, dass die Modellpalette neu justiert werden muss. Da machen es sich einige Manager jetzt zu leicht, alles nur auf die Zölle zu schieben. Aber ganz klar sind das negative Boomerang-Effekte, die dann auch die eigene Wirtschaft treffen.

Bereits bevor die Pläne von General Motors bekannt wurden, soll Trump deutsche Autobosse von VW, Daimler und BMW eingeladen haben, um mit ihnen direkt über Strafzölle und Arbeitsplätze in den USA zu verhandeln. Ist so ein Treffen nach der Ankündigung von General Motors nun unwahrscheinlicher geworden?

Das wäre jetzt Kaffeesatzleserei. Ob solche Gespräche überhaupt zustande kommen, muss man sehen. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, wenn man in Washington miteinander spricht. Man kann dort natürlich nicht über Zölle verhandeln, das kann die US-Seite nur mit der Europäischen Union. Aber die deutsche Automobilindustrie könnte dem US-Präsidenten deutlich machen, dass die Amerikaner in ihrer Gesamtheit keineswegs Opfer des Autohandels sind.

Die Geländewagen-Modelle von Daimler und BMW werden ja in US-amerikanischen Werken gebaut. BMW ist sogar der größte Auto-Exporteur der Vereinigten Staaten. Diese Fakten einfach noch mal auf den Tisch zu legen, mag dazu beitragen, dass sich der US-Präsident nicht länger in einer Opferrolle sieht. Solche Gespräche würden die Beziehungen entspannen.

Welche Ziele könnte Trump anvisieren mit so einem Treffen? Er weiß doch, dass seine Gesprächspartner, die deutschen Autobosse, kein offizielles Verhandlungsmandat haben?

Möglicherweise hat er etwas im Hinterkopf, das die Amerikaner in den 1980er-Jahren mit der japanischen Fahrzeugindustrie versucht haben: ‘freiwillige Exportbeschränkungen’. Die eine Seite sagt weniger Exporte zu, dafür nimmt die andere Seite mögliche Drohungen zurück. Das hat sich aber als sehr schlechtes Geschäft für die Amerikaner erwiesen, denn am Ende bedeutete es nur, dass die japanischen Hersteller höhere Preise bei den amerikanischen Verbrauchern durchsetzen konnten. Die Zeche haben also die Amerikaner selbst bezahlt. Sie sollten deshalb aus ihren schlechten Erfahrungen lernen und nicht wieder in dieselbe Falle tappen.

Es soll ja seitens der EU das Angebot gegeben haben, die Einfuhrzölle für Autos auf null zu senken, wenn die USA mitziehen. Warum reicht das Trump nicht, wie kolportiert wird?

Es ist schwer einzuschätzen, was Herrn Trump dabei umtreibt. Möglicherweise ist er überrascht worden von diesem Angebot. Denn damit würde ja seine gesamte Rhetorik, die Europäer seien insgesamt unfaire Handelspartner, vom Tisch gewischt. Ich halte das für einen sehr klugen Zug der europäischen Seite, dieses Angebot zu machen. Wir haben das von Anfang an so empfohlen.

Man kann auch noch weitergehen und sagen, wir verhandeln über einen vollständigen Zollabbau beim gesamten transatlantischen Handel, nicht nur bei den Fahrzeugen. Das würde der Trump-Kampagne viel Wind aus den Segeln nehmen.

Könnte Trump auch deshalb zögern, weil es bei den großen Pick-up-Trucks, die ja in den USA Bestseller sind, genau umgekehrt ist? Im Segment der großen Pritschenwagen ist der US-Einfuhrzoll mit 25 Prozent wesentlich höher als sein europäisches Pendant. Sollte dieser fallen, wäre das ja vielleicht eine Einladung nicht nur für deutsche Hersteller, in diesem Marktsegment aktiver zu werden?

Von der europäischen Fahrzeugindustrie hätten die Amerikaner in diesem Segment wenig zu befürchten. Diese Fahrzeuge werden hier in Europa gar nicht gebaut und die Anbieter, die sie herstellen, sitzen mit ihren Produktionsstätten eher in Mexiko oder in anderen Ländern.

Umgekehrt gibt es in der Europäischen Union nicht nur vehemente Verfechter des Freihandels. Warum haben wir denn überhaupt Einfuhrzölle auf ganz normale Pkw aus den USA? Die Produkte der US-Autoindustrie passen doch kaum zum europäischen Markt. Die Einfuhrzölle auf Pkw haben wir, weil einige Länder in der EU sich abschirmen möchten vor der asiatischen Konkurrenz, nicht vor der amerikanischen.

Von daher stehen sich die Protektionisten auch immer selbst im Weg. Und gerade im transatlantischen Handel hat das einen Konflikt heraufbeschworen, der dort nach den eigentlichen Marktverhältnissen gar nicht besteht.

Zu einem möglichen Treffen zwischen Trump und deutschen Autobauern gibt es noch eine weitere Theorie: Demnach will der US-Präsident die deutschen Hersteller unter Druck setzen, damit die in Berlin und Brüssel bei den zuständigen Politikern vorstellig werden und den Druck weitergeben. Für wie wahrscheinlich halten Sie diese Vorstellung?

Das kann schon sein. Zumal Trump vermutlich selbst die Erfahrung gemacht hat, dass der größte Druck gegen seine Handelspolitik aus den eigenen Reihen kommt. Das wird ihn wahrscheinlich auch viel mehr beeindruckt haben als alle Drohgebärden von europäischer Seite. Gleichwohl sollte sich die europäische Fahrzeugindustrie auf so ein Spiel nicht einlassen. Sie kann dabei nur verlieren.
 

 

Stefan Kooths ist Leiter des Prognosezentrums im Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen die internationalen Handelsbeziehungen.

Das Gespräch führte Klaus Ulrich.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Daimler-Standort Tuscaloosa

    Mercedes-Benz, die PKW-Tochter des Daimler-Konzerns, hat seit 1997 ein eigenes US-Werk, gelegen im Südosten der USA. In Tuscaloosa (Alabama) steht das zweitgrößte Mercedes-Werk außerhalb Deutschlands, nur in China gibt es noch eine größere Mercedes-Fertigung.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    SUV-Schmiede

    Gebaut werden hier die dicken sportlichen Geländewagen (SUV) der Baureihen GLS und GLE. Sie werden in den USA verkauft, aber auch in die Welt expoertiert, nach China zum Beispiel und nach Deutschland. Künftig sollen auch Hybrid-Varianten und komplett elektrisch getriebene Modelle vom Band laufen, Daimler investiert dafür gerade eine Milliarde Dollar.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    BMW-Standort Spartanburg

    Auch BMW produziert im Südosten der USA und zwar in Spartanburg im Bundesstaat South Carolina. Der bayerische Autobauer betreibt dort sein weltweit größtes Werk. Die Produktion begann im Juli 1994 mit dem 318i. Heute hat das Werk 10.000 Mitarbeiter.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Home of “X”

    Wie Daimler baut auch BMW in den USA ausschließlich SUV, die bei BMW alle ein X vor der Zahl haben: Rund 1400 Modelle vom X3 bis zum X6 laufen hier täglich von den Bändern, und die werden auch nach Deutschland exportiert. Von den 350.000 Autos, die BMW jährlich in den USA verkauft, wird rund ein Drittel auch in den USA produziert.


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    VW-Standort Chattanooga

    1988 hatte VW sein Werk in Pennsylvania geschlossen und den US-Markt danach vorwiegend über seine Fabrik in Puebla (Mexiko) versorgt. Im Mai 2011 dann die Rückkehr nach Amerika: In Chattanooga (Tennessee) nahm das neue Werk seine Fertigung auf.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Passat und Atlas

    Aus dem Werk kommen zwei Modelle: Der Mittelklassewagen Passat und seit 2017 der Siebensitzer-Geländewagen namens Atlas. Beide Modelle werden speziell für den US-Markt gebaut. Rund 12.7000 Vollzeitjobs sind in Chattanooga entstanden, 3500 bei VW direkt, dazu bei Zulieferern und in der lokalen Wirtschaft.

    Autorin/Autor: Henrik Böhme


 

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