Wirtschaft

Kommentar: Die nutzlose Wut des Donald Trump

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Der US-Autobauer GM streicht Tausende Jobs und schließt sechs Werke, vier davon in den USA. Das erzürnt Donald Trump sehr. Dabei trägt er eine Mitschuld an der Entscheidung, meint Henrik Böhme.

Natürlich sind die anderen schuld. Natürlich hat die Entscheidung von General Motors (GM), dem größten Autobauer der USA, nichts mit seiner Politik zu tun. Natürlich legt sich die GM-Chefin “mit dem Falschen an”. Natürlich müsse GM aufhören, in China Autos zu bauen und stattdessen “schnellstens” eine Fabrik in Ohio aufmachen. So sieht Donald Trump die Welt, so einfach und schlicht kann sie sein.

Ist sie aber nicht.

General Motors, eine Ikone der US-Industrie, von deren Bänder Autos der legendären Marken Chevrolet, Cadillac oder Buick laufen, GM also geht es nicht anders als anderen Autoherstellern auf der Welt. Sie alle stehen vor einem gigantischen Umbruch. Weg vom Verbrennungsmotor, hin zu alternativen Antrieben und zum autonomen Fahren. Das ist ein Paradigmenwechsel, auch wenn am Ende immer noch Gefährte mit vier Rädern von den Bändern rollen. Aber um diese neuen Autos zu bauen, braucht es weniger Menschen. Und man muss massiv investieren, um auch in der neuen Zeitrechnung noch vorne mit dabei zu sein.

Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Das ist bei Volkswagen nicht anders. Auch dort beschäftigt man sich (neben der Aufarbeitung des Dieselskandals) massiv mit der Zukunft. Auch dort werden Tausende Jobs verschwinden, nur eben sozialverträglich, wie man das in Deutschland in der Regel macht. Aber man steckt eben auch Milliarden in die Zukunft. 44 Milliarden Euro, um genau zu sein, werden in den kommenden fünf Jahren in Elektromobilität, autonomes Fahren, Mobilitätsdienste und die Digitalisierung investiert, wohl wissend, dass man ansonsten in der Bedeutungslosigkeit verschwinden würde. VW scheint die Lehren aus dem finsteren Kapitel namens Dieselgate gezogen zu haben.

Aber zurück zu Donald Trump.

Nach allem, was man weiß, scheint sich Trumps rigide Wirtschaftspolitik auszuzahlen, vor allem die handelspolitischen Strafmaßnahmen gegen seinen Lieblingsfeind China. Die Wachstumsraten der US-Wirtschaft konnten sich zuletzt sehen lassen, auch vom Arbeitsmarkt kommen regelmäßig positive Zahlen. Experten kamen zu der Ansicht, die Strafzölle, mit denen sich Amerikaner und Chinesen derzeit gegenseitig überziehen, treffen eben vor allem die Chinesen, während die US-Wirtschaft profitiert. Aber, und jetzt sind wir wieder bei der US-Autoindustrie: Die gehört offenbar zu den Branchen, die unter den verhängten Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte leiden.

Hier noch entspannt: Präsident Trump, GM-Chefin Mary Barra und Dennis Wiliams, Chef der US-Autogewerkschaft

Schon im vergangenen Quartal meldete GM Mehrkosten in Höhe von 300 Millionen Dollar, weil sie für Stahl und Aluminium mehr bezahlen mussten. Analysten rechnen die Mehrkosten schon auf eine Milliarde Dollar hoch, ähnlich (schlecht) läuft es beim GM-Konkurrenten Ford. Wenn Trump aber nun von GM-Chefin Mary Barra verlangt, die Produktion in China zu stoppen und nach Amerika zurück zu holen: Das wird nicht funktionieren. Die Autoindustrie ist global aufgestellt und produziert in der Regel in den Märkten für die jeweiligen Märkte. Aber selbst wenn GM sich dem Zorn des Präsidenten beugen würde: Die Chinesen würden sofort Strafzölle verhängen auf jedes GM-Auto, dass aus den USA nach China exportiert werden würde.

Die Sache ist komplex. 

Und schließlich sollte Mr. President wissen, dass auch viele ausländische Hersteller Werke in Amerika haben, Toyota zum Beispiel oder die drei deutschen Autobauer Volkswagen, Mercedes und BMW. Die Bayern zum Beispiel exportieren aus ihrem Werk in Spartanburg (South Carolina) so viele Autos in die Welt, dass sie der größte US-Exporteur von Autos sind. Die Chefs der drei Konzerne sind ja dieser Tage ins Weiße Haus eingeladen. Was immer sich der US-Präsident dabei gedacht hat (denn über Zölle wird er ja wohl mit ihnen nicht verhandeln): Vielleicht können die Herren Diess, Zetsche und Krüger dem Präsidenten zu erklären versuchen, vor welchen Herausforderungen die Autobranche weltweit gerade steht – und dass GM da keine Ausnahme ist. Da hilft auch all das wütende Gezeter nicht. Es gibt Realitäten, vor denen auch ein Donald Trump nicht die Augen verschließen kann.   


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Daimler-Standort Tuscaloosa

    Mercedes-Benz, die PKW-Tochter des Daimler-Konzerns, hat seit 1997 ein eigenes US-Werk, gelegen im Südosten der USA. In Tuscaloosa (Alabama) steht das zweitgrößte Mercedes-Werk außerhalb Deutschlands, nur in China gibt es noch eine größere Mercedes-Fertigung.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    SUV-Schmiede

    Gebaut werden hier die dicken sportlichen Geländewagen (SUV) der Baureihen GLS und GLE. Sie werden in den USA verkauft, aber auch in die Welt expoertiert, nach China zum Beispiel und nach Deutschland. Künftig sollen auch Hybrid-Varianten und komplett elektrisch getriebene Modelle vom Band laufen, Daimler investiert dafür gerade eine Milliarde Dollar.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    BMW-Standort Spartanburg

    Auch BMW produziert im Südosten der USA und zwar in Spartanburg im Bundesstaat South Carolina. Der bayerische Autobauer betreibt dort sein weltweit größtes Werk. Die Produktion begann im Juli 1994 mit dem 318i. Heute hat das Werk 10.000 Mitarbeiter.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Home of “X”

    Wie Daimler baut auch BMW in den USA ausschließlich SUV, die bei BMW alle ein X vor der Zahl haben: Rund 1400 Modelle vom X3 bis zum X6 laufen hier täglich von den Bändern, und die werden auch nach Deutschland exportiert. Von den 350.000 Autos, die BMW jährlich in den USA verkauft, wird rund ein Drittel auch in den USA produziert.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    VW-Standort Chattanooga

    1988 hatte VW sein Werk in Pennsylvania geschlossen und den US-Markt danach vorwiegend über seine Fabrik in Puebla (Mexiko) versorgt. Im Mai 2011 dann die Rückkehr nach Amerika: In Chattanooga (Tennessee) nahm das neue Werk seine Fertigung auf.


  • Deutsche Autos “Made in USA” für Deutschland

    Passat und Atlas

    Aus dem Werk kommen zwei Modelle: Der Mittelklassewagen Passat und seit 2017 der Siebensitzer-Geländewagen namens Atlas. Beide Modelle werden speziell für den US-Markt gebaut. Rund 12.7000 Vollzeitjobs sind in Chattanooga entstanden, 3500 bei VW direkt, dazu bei Zulieferern und in der lokalen Wirtschaft.

    Autorin/Autor: Henrik Böhme


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