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Ruhig im Ton, hart in der Sache: Martin Haller ist in der SPD-Fraktion unverzichtbar

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Bei Martin Haller laufen in der Mainzer SPD-Landtagsfraktion die Fäden zusammen. Der 35-Jährige parlamentarische Geschäftsführer liebt klare Kante – hart in der Sache, höflich im Umgang.

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MAINZ/LAMBSHEIM – Martin Haller ist kein Typ, der unbedingt im Rampenlicht stehen muss. Doch am Donnerstag richteten sich alle Augen auf den Pfälzer. Denn da stimmte der rheinland-pfälzische Landtag final über den Doppelhaushalt ab. Es sind im Grunde viele Einzelabstimmungen, ein Marathon, bei dem man als Abgeordneter schnell den Überblick verliert. Es sei denn, man blickt bei der Abstimmung auf den parlamentarischen Geschäftsführer, denn der hat den Überblick. In der SPD ist das Martin Haller.

Mit seinen 35 Jahren ist der verheiratete Pfarrerssohn aus Lambsheim in der Pfalz weit gekommen. Ohne Haller läuft nichts in der Fraktion. Der „PGF“ – Kürzel für „parlamentarischer Geschäftsführer“ – sorgt unter anderem dafür, dass Plenarsitzungen geräuschlos ablaufen, er ist der Manager im politischen Betrieb. Dazu muss er ein Vertrauensverhältnis zum Fraktionschef haben, in diesem Falle Alexander Schweitzer.

Haller, an dessen Bürowand das FCK-Wappen prangt, ist aber auch für gute Kontakte ins andere politische Lager bekannt. Mit dem CDU-Kollegen Martin Brandl verbindet ihn die Pfälzer Zugfahrer-Connection, zu der einst auch die Grüne Anne Spiegel gehörte. Über Haller erzählt man sich, er schaue zu Geburtstagen von Referenten auch kleinerer Fraktionen wie Grünen oder FDP gerne mal vorbei. Spricht man Haller darauf an, zuckt er mit den Schultern – das sei doch selbstverständlich. In Rheinland-Pfalz regiert seit 2016 eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen.

Auch zum parlamentarischen Geschäftsführer der AfD hält Haller den Kontakt. Frage an den PGF: Gibt er den AfD-Leuten die Hand? Antwort Haller: „Selbstverständlich. Warum sollte ich meinen zivilisatorischen Standard herunterschrauben?“ Man könne auch hart in der Sache sein und trotzdem höflich bleiben.

Für die langjährigen Abgeordneten im Mainzer Landtag bleibt der Umgang mit den Rechtspopulisten eine Gratwanderung. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Als Haller sich im Parlament vor wenigen Monaten darüber mokierte, die AfD habe ein Foto der grünen Integrationsministerin Spiegel derart verändert, dass das Gesicht blutbefleckt sei, schoss er übers Ziel hinaus. Denn die „Blutflecken“ entpuppten sich als Filter eines Grafikprogramms des zuständigen AfD-Mitarbeiters. Das Ergebnis war zwar nicht sonderlich ästhetisch, aber auch kein Anlass zum Eklat. Haller jedenfalls sagt, er würde jederzeit wieder so reagieren.

Haller stammt aus einem Pfarrerhaushalt. Er und seine zwei Geschwister waren es zuhause gewohnt, dass man diskutiert. Natürlich wurden christliche Werte vermittelt, aber auch, dass man sich einbringt, einmischt, „dass man Dinge nicht akzeptiert, Verantwortung übernimmt, sich für die Allgemeinheit einsetzt“, erinnert sich Haller. Ehrenämter und klassische Vereinsmeierei gehören für den Lambsheimer ganz selbstverständlich zum Leben.

Haller, der Trompete spielt, gilt nicht als Lautsprecher, er sei uneitel, hört man über ihn. Und dennoch kann er, wie er sagt, richtig fuchsig werden. Etwa wenn es ungerecht zugehe. „Alltagssituationen, wenn Leute ausgegrenzt werden, wenn schlecht über die Leute geredet wird.“ Er mag lieber offenes Visier statt Hintenrum-Gerede. „In der Vorderpfalz ist man es gewohnt, dass Ross und Reiter genannt werden.“

Haller wäre fast Pfarrer geworden wie der Vater. Er studierte zunächst evangelische Theologie, dann Politik- und Verwaltungswissenschaft im Fernstudium. Mit 22 saß er bereits als Abgeordneter im Mainzer Landtag, betreute dort Medienpolitik, sammelte Sympathiepunkte bei den Medien mit Ulk-Videos auf Youtube, die einen bekannten Eifeler Politiker als Kartoffel zeigten. Haller kann natürlich auch seriös, er engagiert sich kommunalpolitisch, war von 2014 bis 2016 im Rhein-Pfalz-Kreis Erster Beigeordneter mit den Themen Jugend, Soziales und Eingliederungshilfe. Die Unterbringung von Flüchtlingen und der Kampf der Landkreise mit den hohen Sozialkosten hat er hautnah mitbekommen.

Bustour mit Bürgern durch den Wahlkreis

Um den Kontakt zu den Bürgern zu halten – was in Zeiten mieser Umfragewerte für die SPD nie verkehrt sein kann –, hat er eine Haller-Bustour in seinem Wahlkreis organisiert. Gemeinsam besucht man die Feuerwehr, eine Zuckerfabrik oder (etwas weiter weg) das Nationaltheater Mannheim. Dort gibt es Informationen aus erster Hand; die Leute bekommen zudem mit, wo Politik den Rahmen setzt oder setzen kann.

Vielleicht könnte Haller eines Tages in ein Regierungsamt wechseln. Doch auf solche Gedankenspiele lässt er sich nicht ein. Das, was er gerade mache, wolle er anständig machen, sagt er. Und ein bisschen Demut könne auch nie schaden. Schon mal keine schlechte Voraussetzung.

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