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Weniger Flüge mithilfe größerer Jets?

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Überraschend kommt eine Studie zur Luftfahrt zu dem Ergebnis, dass es besser wäre, größere Jets einzusetzen. Wie es in der Untersuchung von TU Chemnitz und Rhein-Main-Institut Darmstadt heißt, könne man mehr als 60 Prozent der wichtigsten innereuropäischen Flüge streichen.

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FRANKFURT/MAINZ/DARMSTADT – Gerade ging die Botschaft um die Welt, dass Airbus die Produktion des A380 einstellt, des größten Passagierflugzeugs der Welt. Deshalb überrascht eine neue Studie, die auf größere Jets setzt. Wie es in der Untersuchung von TU Chemnitz und Rhein-Main-Institut Darmstadt heißt, könne man mehr als 60 Prozent der wichtigsten innereuropäischen Flüge streichen.

Insgesamt 2040 tägliche Flüge auf den 140 am meisten beflogenen europäischen Strecken (Stichtag 17. November 2017) hat das Team um Friedrich Thießen und Alexander Nollau analysiert. Darunter waren auch zwölf Verbindungen am Frankfurter Flughafen. Ergebnis: Bei gleichbleibenden Passagierzahlen könne die Zahl der europäischen Flüge auf 738 am Tag reduziert werden. In Frankfurt alleine könne die Zahl der Flugbewegungen bei den wichtigsten Europastrecken, etwa Barcelona, Paris, London, Istanbul und Rom, von 308 auf 118 am Tag sinken. Die Passagierzahl der Frankfurter Strecken bliebe mit gut 40 000 in etwa gleich.

„Das bedeutet: Die gegenwärtige Luftverkehrsstruktur besitzt erhebliche Reserven. Es gibt zu viele Flugbewegungen, die redundant sind“, heißt es in der Studie. So werde die Strecke Frankfurt – Paris teils alle 15 Minuten geflogen, berichtet Thießen. Zwischen Paris und Toulouse würden zwischen 8.15 und 9.20 Uhr sechs Maschinen in dieselbe Richtung starten.

Im Durchschnitt der untersuchten 2040 Flüge – die höchsten Flugfrequenzen gibt es übrigens innerhalb der Türkei – werden pro Flug 140 Passagiere transportiert. Nachdem die Wissenschaftler die Flugpläne durchforstet und zusammengestrichen haben, kommen sie auf 387 Passagiere pro Jet.

Flugbewegungen und Passagierzahlen abgekoppelt

Das hieße jedoch, dass größere Flugzeugtypen zum Einsatz kommen müssten. Wie es in der Studie heißt, hätten sich in den vergangenen Jahren bereits Flugbewegungen und Passagierzahlen von einander abgekoppelt. So stieg das jährliche Passagierabkommen in Europa von 2008 bis 2017 von 800 Millionen auf 900 Millionen an. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der Flugbewegungen von 8,5 auf acht Millionen pro Jahr gesunken. Thießen weist darauf hin, dass man bei anderen Verkehrsträgern bereits auf größere Einheiten setze. So plane die Bahn einen 13-teiligen ICE 4, der 913 Passagiere befördern könne.

Dennoch bleiben viele Fragezeichen hinter der Studie. Wie soll man die Airlines dazu bewegen, Slots, also Lande- und Startplätze, herzugeben und gleichzeitig in größeres Fluggerät zu investieren, was nicht ohne Risiko ist? Slots am Frankfurter Flughafen sind sehr begehrt. Wie soll man sicherstellen, dass nicht die frei werdenden Slots sofort wieder aufgefüllt werden? Und was würden größere Flugzeuge für die Lärmbelastung am Boden bedeuten?

Die Änderungen, die im Luftverkehr bewirkt werden müssten, wären regelrecht revolutionär. Thießen ist sich sicher: „Ohne die Politik geht es nicht.“ Die Studie schlägt einige Reformansätze vor. So könne man beispielsweise die Stundeneckwerte der Flughäfen reduzieren. Die Slots bekämen einen größeren zeitlichen Abstand. Damit wachse die Pünktlichkeit und die Airlines würden gezwungen, größere Maschinen einzusetzen. In Zukunft könnten größere Jets bei den Gebühren Vorteile gegenüber den kleinen Maschinen haben. Passagierabhängige Gebühren könnten entfallen. Auch müsse man den Airlines dabei helfen, in größere Jets zu investieren.

Wechsel von Airlines muss erleichtert werden

Schließlich müsse man es den Reisenden erleichtern, Airlines innerhalb einer Reisebuchung zu wechseln. Das wird bislang noch von den Fluggesellschaften verhindert. Bislang könnten die Reisenden oft nur mit einer Airline bzw. einer Airlinegruppe fliegen. Dies sei suboptimal, da die Passagiere bei einer Reise immer nur einen Teil des Netzes nutzen könnten.

Die Vorschläge der Studie seien eine „radikale Neuorientierung der Organisation des Luftverkehrs“, schreiben die Autoren. Im Gegensatz zu anderen Vorschlägen werde hier niemandem Geschäft weggenommen. „Es kommt zu keiner Verringerung der Passagierzahlen – die existierenden Passagierströme müssen nur anders auf Kapazitäten verteilt werden.“

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