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Britisches Parlament stimmt über No-Deal-Brexit ab

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Theresa Mays Regierung macht publik, wie im Falle eines Brexits ein Chaos an den Grenzen zur EU eingedämmt werden soll. Votieren die Abgeordneten am Mittwoch gegen einen solchen No-Deal-Brexit? Brüssel zeigt sich weiter gesprächsbereit.

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London/Brüssel (dpa) – Wenige Stunden vor der Abstimmung des britischen Parlaments über einen EU-Austritt ohne Abkommen hat die Regierung in London Notfallpläne für einen No Deal veröffentlicht.

Um dramatische Folgen für Verbraucher und Unternehmen zu verhindern, werden demnach bei einem ungeregelten Austritt auf 87 Prozent aller Importe nach Großbritannien eine Zeit lang keine Zölle erhoben. Für EU-Güter, die über die Grenze von der EU-Republik Irland in den britischen Landesteil Nordirland gelangen, sollen in dem Fall außerdem keine neuen Kontrollen eingeführt werden.

Das Votum im Unterhaus ist am Abend (ca. 20 Uhr MEZ) geplant. Sollte der No-Deal-Brexit wie erwartet abgelehnt werden, entscheiden die Parlamentarier am Donnerstag,
ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll. Premierministerin Theresa May hob für die Abstimmung heute den Fraktionszwang im Regierungslager auf.
Sie selbst kämpft weiter für einen geregelten Brexit. Am Dienstag hatten die Abgeordneten bereits gegen das Austrittsabkommen gestimmt, das May und Brüssel zuvor in Last-Minute-Gesprächen nachgebessert hatten.

Unterstützung erhielt May vorab von dem Mann, unter dessen Ägide das Brexit-Referendum im Juni 2016 abgehalten worden war: Ex-Premier David Cameron. Dieser warnte vor einem Brexit ohne Abkommen. «Das wäre eine Katastrophe für unser Land», sagte er am Mittwoch dem Fernsehsender Sky News. Trotz der erneuten Abstimmungsniederlage von May stehe er weiter hinter der Regierungschefin, sagte Cameron.

EU-Güter, die in Nordirland blieben, sollten gemäß dem einseitig erhobenen Maßnahmenplan im Falle eines No Deals zollfrei sein. Sollten manche davon via Nordirland in andere Teile des Vereinigten Königreichs gelangen, würden aber Zölle fällig. Die temporären Maßnahmen seien die einzige Möglichkeit, um am Bekenntnis festzuhalten, im Falle eines No Deals eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu verhindern.

Auf 87 Prozent aller Importe ins Vereinigte Königreich insgesamt sollten demnach temporär keine Zölle gelten. Zölle oder andere Abgaben sollten dagegen beispielsweise auf Rind-, Lamm- und Schweinefleisch erhoben werden, um Bauern und Produzenten zu unterstützen, die bislang von hohen EU-Zöllen geschützt wurden.

Der Industrieverband CBI betrachtete die Zollpläne als Beleg dafür,
dass ein EU-Austritt ohne Abkommen unbedingt verhindert werden müsse. «Das sagt uns alles darüber, was falsch ist am No-Deal-Szenario», sagte CBI-Direktorin Carolyn Fairbairn der BBC.

Auch nach dem erneuten Nein des britischen Parlaments zum Brexit-Vertrag zeigte sich die EU offen für weitere Gespräche mit London. Man sei bereit für weitere Klarstellungen, wenn es der Ratifizierung des Austrittsabkommens in Großbritannien helfe, sagte die rumänische Europaministerin Melania Gabriela Ciot für den Vorsitz der EU-Länder. «Wir bleiben offen für Gespräche, solange ein Ende in Sicht ist.» Großbritannien müsse nun eine klare Linie finden, forderte die Ministerin in einer Debatte des Europaparlaments.

CSU-Europapolitiker Manfred Weber sprach sich für ein zweites Referendum in Großbritannien aus. «Es wäre der logische nächste Schritt, die Menschen erneut zu fragen», sagte der Fraktionschef und Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei im Europaparlament.

Die Beschlussvorlage der Regierung in London für die bevorstehende Abstimmung sieht vor, dass ein No-Deal-Brexit in jedem Fall auf dem Tisch bleibt, sollte kein Abkommen bis zum Austritt zustande kommen. Ein Votum dagegen wäre dann nicht mehr als eine Absichtserklärung.

Ein Ja zu einem No Deal will May dagegen als Handlungsanleitung interpretieren. «Wenn das Unterhaus dafür stimmt, ohne ein Abkommen am 29. März auszutreten, wird es die Linie der Regierung sein, diese Entscheidung umzusetzen», sagte May. Am Morgen lagen bereits mehrere Änderungsanträge für die Beschlussvorlage vor, unter anderem der Vorschlag, ein Ausscheiden ohne Abkommen in jedem Fall abzulehnen. Rechtlich verbindlich ist die Abstimmung aber ohnehin nicht.

Der Brexit betrifft auch viele Briten in Deutschland. 105 480 Briten ohne Doppelpass in Deutschland stehen nach dem EU-Austritt ihres Landes vor einer ungewissen Zukunft. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Frage der FDP-Abgeordneten Linda Teuteberg hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die weitaus meisten Briten in Deutschland lebten demnach Ende Januar in Nordrhein-Westfalen (rund 24 000), gefolgt von Berlin (rund 19 700) und Bayern (rund 16 400). Der Großteil der Briten in Deutschland wird sich nach dem Brexit um einen Aufenthaltstitel bemühen müssen.

Das Ministerium bekräftigte in seiner Antwort, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) einen Erlass plane, der ihnen hierfür eine Übergangszeit von drei Monaten den Aufenthalt hierzulande einräumt. «Während dieser Zeit besteht für diese Personengruppe weiter Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen», heißt es. Bei einer Verlängerung darüber hinaus müsse der Bundesrat zustimmen.

Insgesamt 105.480 Briten ohne Doppelpass in Deutschland stehen nach dem EU-Austritt ihres Landes vor einer ungewissen Zukunft. Die weitaus meisten Briten in Deutschland lebten demnach Ende Januar in Nordrhein-Westfalen (rund 24.000), gefolgt von Berlin (rund 19.700) und Bayern (rund 16.400).

Der Großteil der Briten in Deutschland wird sich nach dem Brexit um einen Aufenthaltstitel bemühen müssen. Das Bundesinnenministerium bekräftigte, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) einen Erlass plane, der ihnen hierfür eine Übergangszeit von drei Monaten den Aufenthalt hierzulande einräumt. «Während dieser Zeit besteht für diese Personengruppe weiter Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen», heißt es. Bei einer Verlängerung darüber hinaus müsse der Bundesrat zustimmen. Als Noch-EU-Bürger genießen Briten wie die Angehörigen anderer EU-Staaten auch im Prinzip Freizügigkeit innerhalb der Staatengemeinschaft.

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