Wissen und Technik

Wo keine Dissertation, da kein Plagiat

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Viele Probleme rund um den Doktortitel könnten gelöst werden – wenn er einfach abgeschafft wird. Für diese radikale Lösung plädiert unser Kolumnist.

Statt Doktortitel nur den amerikanischen PhD, fordert unser Kolumnist.

Das Graduierteninstitut für Angewandte Forschung der Fachhochschulen in NRW soll in ein Promotionskolleg überführt werden, dessen Fachbereichen nach erfolgreicher Begutachtung durch den Wissenschaftsrat das Promotionsrecht verliehen wird. Das bedeutet: noch mehr Dissertationen, noch dazu nicht nur von Universitäten.

Dabei wäre es geboten, den deutschen Dr. abzuschaffen. Als Ausweis wissenschaftlicher Qualifikation sollte es nur den PhD geben. Das wäre angesichts der aus dem anglo-amerikanischen System übernommenen Abschlüsse Bachelor und Master nur konsequent.

Mit der Umsetzung eines solchen Vorschlags könnte man mehrere Probleme lösen. Zuvorderst betrifft es Plagiatsverfahren. Wenn keine Dissertationen mehr geschrieben werden, kann auch nicht plagiiert werden. Vroniplag könnte zwar immer noch Altfälle aufspießen. Da der Dr. aber seine gesellschaftliche Bedeutung verlieren würde, wäre vermutlich auch das Interesse geringer, Sünden der Vergangenheit aufzudecken. Manches anhängige Verfahren könnte so elegant beendet werden. Um politische Karrieren müsste man nicht mehr bangen. Doktorväter und -mütter könnten wieder ruhig schlafen; Vorwürfe wegen laxer Handhabung würden gegenstandslos.

Eine Lücke entsteht durch den Wegfall des Ehrendoktors

Den größten Gewinn könnte man sich von der Erledigung des Begehrens der Fachhochschulen versprechen, ein eigenständiges Promotionsrecht zu erreichen. Solche Ambitionen würden ins Leere laufen. Die Initiative aus NRW, die wie ein Aprilscherz anmutet, hätte sich erledigt. Ansonsten ist anzunehmen, dass bald auch die kleinste FH-Klitsche promovieren darf. Der Druck auf die lokalen Abgeordneten wird so stark werden, dass die Landesparlamente entsprechende Regelungen verabschieden.

Unser Kolumnist George Turner, Berliner Wissenschaftssenator a.D..

Eine Lücke würde entstehen durch den Wegfall des Ehrendoktors. Erfolgreichen Wirtschaftsführern könnte man damit nicht mehr gefällig sein.

Medizin-Dr. nur für Landärzte!

Im Fach Medizin könnte man erwägen, dass der Dr. med. nur für Kandidaten zugänglich bleibt, die zugleich die Verpflichtung eingehen, als Landarzt tätig zu werden. So wäre der medizinischen Unterversorgung des ländlichen Raums zu begegnen. Der Landkreistag würde sicher seine Sympathie zu der Idee bekunden.

Mit Protesten der Druckindustrie ist zu rechnen. Der Zuwachs von Aufträgen für Visitenkarten, Briefpapier usw. nach Erwerb von Titeln darf nicht unterschätzt werden. Auf jeden Fall ist der Verlust von Arbeitsplätzen in der ohnehin schon gebeutelten Branche zu vermeiden.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail senden: george.turner@t-online.de

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