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Zu wenige Behinderte in rheinland-pfälzischen Betrieben?

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Da vielen Unternehmen in Rheinland-Pfalz überhaupt keine Schwerbehinderten beschäftigen, schlägt der Beauftragter des Landes höhere Strafzahlungen für Firmen vor.

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MAINZ – In Rheinland-Pfalz haben mehr als 300 000 Frauen und Männer einen Schwerbehindertenausweis. Jeder Zweite davon ist nicht mehr im erwerbsfähigen Alter. Bei den Jüngeren wiederum ist die Arbeitslosenquote vergleichsweise hoch. Auch sind die Schwerbehinderten im Schnitt länger arbeitslos als die Nicht-Behinderten.

Was also tun? Den finanziellen Druck auf die Arbeitgeber erhöhen? Das hat jetzt der Landesbehindertenbeauftragte in Rheinland-Pfalz, Matthias Rösch vorgeschlagen – und stößt in der Wirtschaft auf Widerstand.

Hat ein Unternehmen mindestens 20 Arbeitsplätze, muss es laut Gesetzgeber auf fünf Prozent der Stellen schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Falls nicht, ist eine sogenannte Ausgleichsabgabe fällig. Diese ist gestaffelt, je nachdem, wie stark ein Unternehmen unter den fünf Prozent liegt. Pro Monat und unbesetztem Platz werden somit zwischen 125 und 320 Euro fällig. Das läppert sich – bundesweit kam laut dem Institut der deutschen Wirtschaft im Jahr 2016 mehr als eine halbe Milliarde Euro zusammen. Das Geld fließt wiederum in Fördermaßnahmen, um Behinderte in Unternehmen zu integrieren.

AUSGLEICHSABGABE

Die Höhe der Ausgleichsabgabe beträgt je Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz: 125 Euro bei einer Beschäftigungsquote ab drei Prozent bis unter fünf Prozent, 220 Euro bei einer Beschäftigungsquote ab zwei Prozent bis unter drei Prozent, 320 Euro bei einer Beschäftigungsquote unter zwei Prozent.

Arbeitgeber mit weniger als 40 Arbeitsplätzen müssen einen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, andernfalls zahlen sie je Monat 125 Euro.

Arbeitgeber mit weniger als 60 Arbeitsplätzen müssen zwei Pflichtarbeitsplätze besetzen; sie zahlen 125 Euro, wenn sie nur einen Pflichtarbeitsplatz besetzen, und 220 Euro, wenn sie keinen bzw. weniger als einen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. (Quelle: Wikipedia)

So weit, so gut. Allerdings werden in rheinland-pfälzischen Unternehmen aus Sicht von Matthias Rösch immer noch viel zu wenig Schwerbehinderte beschäftigt. 2016 gab es nach den Zahlen des Sozialministeriums in Rheinland-Pfalz rund 6600 Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen. Doch nur rund 1500 erreichten die fünf Prozent. 1700 Betriebe beschäftigten überhaupt keinen Behinderten. „Deshalb unterstütze ich auch die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Ausgleichsabgabe“, sagte Rösch.

„Unternehmen kommen ihrer Verantwortung nach“

Werner Simon, Geschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) nannte diese Forderung wohlfeil und unbegründet. „Die Unternehmen im Land tun viel, um ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden und bemühen sich in aller Regel darum, schwerbehinderten Bewerbern eine Chance zu geben“, teilte Simon mit. „Diese Beschäftigungsgruppe profitiert daher auch vom Beschäftigungsaufschwung.“ So sei die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf rund 6000 gesunken. Rösch sieht das anders. Die Behinderten profitierten nicht in gleicher Weise davon, dass mehr Menschen in Lohn und Brot seien. Rösch verweist darauf, dass der Landesbeirat zur Teilhabe behinderte Menschen – deren Vorsitzender er ist – eine höhere Ausgleichsabgabe fordert. Auch unterstützt er das Ziel der Mainzer Landesregierung, eine Beschäftigungsquote von behinderten Menschen im Landesdienst von sechs Prozent zu erreichen. Auch in der freien Wirtschaft gebe es ein hohes Potenzial, das genutzt werden könne. Überdies gebe es Fördermöglichkeiten, beispielsweise das Budget für Arbeit als dauerhaften Lohnkostenzuschuss, wenn Menschen von Werkstätten für Behinderte in den allgemeinen Arbeitsmarkt wechselten.

Laut Institut der deutschen Wirtschaft darf die Ausgleichsabgabe nur für Leistungen verwendet werden, mit denen die Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert wird. Rund 20 Prozent der Abgabe wandern in einen Fonds des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Auch die Bundesagentur für Arbeit erhält daraus Geld, das wiederum für Eingliederungszuschüsse verwendet wird. 2016 seien fast 40 Prozent der Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe an die Arbeitgeber zurückgeflossen. „In der Praxis erweist sich dieses Förderinstrument als besonders erfolgreich“, schreibt das Institut. Etwa, wenn die Zeiten zur Einarbeitung länger als üblich seien oder Behinderte wegen ihrer Einschränkung nicht in der Lage seien, die volle Leistung zu erbringen.

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