Wirtschaft

Wie afrikanische Staaten das Internet besteuern wollen

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Afrikanische Regierungen haben erkannt, wie man aus populären Internetmedien einen staatlichen Nutzen ziehen kann: Sie erheben Internet-Steuern. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Kontrolle.

Im März dieses Jahres trat in Tansania  eine neue Steuer in Kraft: Seither müssen Blogger eine Registrierungsgebühr zahlen, um Beiträge online veröffentlichen zu dürfen. Danach werden jährliche Lizenzgebühren fällig. Kostenpunkt: rund 800 Euro. Das ist etwas mehr als das jährliche Pro-Kopf-Einkommen im Land. Die Regierung behauptet, damit “Unmoralität” und Hassreden unterbinden zu wollen. Wer die Gebühr nicht bezahlt oder sich nicht registriert, kann mit einer Strafe von bis zu 2000 Euro oder einem Jahr Gefängnis rechnen.

Die Idee, eine Steuer auf die Nutzung von Online-Diensten zu erheben, hat schnell Nachahmer gefunden. Und die beschränken sich nicht auf die Gruppe der Blogger: So erhebt Uganda seit Mai eine tägliche Gebühr von 200 Schilling (ca. 5 Cent) auf jede SIM-Karte, mit der Soziale Netzwerke wie WhatsApp, Facebook oder Twitter genutzt werden. Kritiker behaupteten, die Steuer diene dazu, politische Debatten und die Opposition gegen Präsident Museveni zu unterdrücken. Seit August diskutiert Sambia über eine Steuer auf Online-Anrufe, die unter anderem von Diensten wie WhatsApp und Skype angeboten werden. Dies solle Telefonanbieter vor Umsatzeinbußen schützen, heißt es. Kenia überlegt seit Oktober, die Verbrauchssteuer für Telefon- und Internet-Dienste von zehn auf 15 Prozent anzuheben.

Profite und Kontrolle

Kuda Hove, Justitiar beim Media Institute of Southern Africa in Simbabwe, sieht zwei Gründe für den Steuer-Trend. Erstens: “Die Länder haben erkannt, dass man aus der Internetnutzung Geld für den Staat ziehen kann.” Doch da Unternehmen wie WhatsApp und Twitter nicht im eigenen Land ihren Sitz hätten und daher nicht besteuert werden könnten, müssten sich die Regierungen das Geld bei den Konsumenten holen. “Das ist schade, denn es handelt sich um Staaten mit geringem Pro-Kopf-Einkommen, wo die Internetaktivitäten der Bevölkerung eigentlich unterstützt werden sollten, anstatt sie zu beschränken”, sagt Hove.

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Der zweite und viel kritischere Punkt sei, dass Regierungen Kontrolle über das haben wollten, was online verbreitet werde. “Es wurde behauptet, dadurch die Zirkulation von Pornographie und Fake News zu unterbinden, doch das kaufe ich den Regierungen nicht ab. Ich sehe nicht, wie eine Steuer auf Social Media Pornographie oder falsche Nachrichten verhindern sollte, das ginge eher durch ein Anti-Pornographie- oder ein Anti-Immoralitäts-Gesetz”, sagt Hove.

Die Nutzung von Smartphones könnte durch die Internet-Steuer noch teurer werden

Mai Truong vom Freedom House, einer US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation für Menschenrechte und Demokratie, bewertet die Lage weniger drastisch: “Uganda hat bisher als einziges Land die Social-Media-Steuer eingeführt, und ich glaube, es geht hier vor allem darum, Telekommunikations-Firmen zu beruhigen, die Angst haben, Verluste zu machen.” Das führe dann allerdings dazu, dass der Zugang zum Internet und die Möglichkeit zur Vernetzung eingegrenzt würden. “Das hat langfristig einen Einfluss auf die Ausdrucksfreiheit”, so Truong.

Gefahr für Presse- und Meinungsfreiheit

Doch egal, was die Gründe seien, “es bringt Menschen dazu, den Mund zu halten”, kritisiert Bloggerin Sandra Chimpala aus Sambia. Die vorgebliche Intention ihrer Regierung, die Einnahmen der Telefongesellschaft schützen zu wollen, hält sie für unsinnig. “Die Telefongesellschaft hat in Sambia erst letztes Jahr die Datenpreise drastisch gesenkt, das hätte sie nicht getan, wenn sie gewusst hätte, dass sich das aufs Geschäft niederschlägt. Von den Steuern hat nur die Regierung etwas.” Bedroht sei auch die Nachrichtenberichterstattung, fügt Truong hinzu: “Sowohl Journalisten als auch Nutzer müssen mehr fürs Datenvolumen bezahlen, daher werden sich Nutzer genauer überlegen, was sie lesen, und Journalisten können möglicherweise aufgrund der Kosten nicht so gründlich recherchieren.”

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Die allgemeine Befürchtung sei, dass kontrolliert und überwachte werde, was gepostet werde, “und dass sogar ganze Seiten von Behörden gelöscht werden könnten”, so Chimpala. Das sei zum Beispiel in Tansania der Fall. Unter Präsident John Pombe Magufuli geht das ostafrikanische Land seit Längerem gegen die Meinungsfreiheit vor: Journalisten sind inhaftiert worden, Zeitungen zeitweilig geschlossen und Social-Media-Nutzer wegen Kritik an der Regierung mit hohen Geldstrafen belegt. Etwas Ähnliches wie die Blogging-Lizenz gibt es in Tansania für Zeitungen schon seit 2016: Der Media Services Act verlangt, dass Zeitungen eine jährliche Lizenz beantragen – und er erlaubt es Beamten, Medienunternehmen, die gegen ihre Zulassung verstoßen, zu schließen.

Der Nutzen des Widerstands

“In Tansania geht es bei der Blogging-Steuer indirekt darum, die Leute offline zu schalten. So sollen die Meinungsfreiheit und der Zugang zum Internet kontrolliert werden”, sagt Hove. “Und das ist ein cleverer Zug. Denn wenn die Regierungen damit konfrontiert werden, dass sie auf diese Weise die Meinungsfreiheit eingrenzen, dann können sie sagen, dass sie ein Defizit in den Finanzen decken müssen, um den wahren Hintergrund zu überspielen.” Aus Regierungssicht ein Erfolgsmodell, das bald weitere Nachahmer finden könnte.

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Zudem würden viele Menschen den Zusammenhang zwischen staatlich verordneten Steuern, teureren Datenpaketen und ihrem Internetnutzungsverhalten nicht erkennen. Hier gebe es dringenden Aufklärungsbedarf, so Hove: “Die Bevölkerung muss gemeinsam für einen Wandel in solchen Staaten kämpfen.” In Sambia gibt es bereits einen Zusammenschluss von Bloggern, die unter dem Hashtag #OpenSpaceZM dafür eintreten, dass das Internet offen bleibt – mit Slogans wie “Freie Meinungsäußerung. Mein Recht. Dein Recht. Unser Recht”. Dass solche Initiativen Erfolg haben können, zeigt sich in Benin. Die Regierung versuchte dort, eine allgemeine Steuer auf das genutzte Datenvolumen und eine weitere speziell auf Nachrichten und Anrufe zu erheben. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Social-Media-Nutzer gemacht. Deren Widerstand unter #TaxePasMesMo (“Hört auf, meine Megabytes zu besteuern”) brachte das Projekt schließlich zum Kippen.

 

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