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Über der Arktis wächst ein Ozonloch

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Bereits ein Viertel des Ozons ist zerstört. Unter bestimmten Voraussetzungen könnte im Frühjahr die UV-Belastung in Europa deutlich steigen – wie im Hochsommer.

Start einer Ozonsonde an einem Heliumballon auf Spitzbergen.

Wenn über das „Ozonloch“ gesprochen wird, ist in der Regel der Zustand der Atmosphäre über dem Südpol gemeint. Regelmäßig wird dort in hohen Luftschichten das vorhandene Ozon abgebaut, woraufhin mehr UV-Strahlung bis zum Boden gelangt. Erhöhte Hautkrebszahlen, etwa in Australien, werden damit in Verbindung gebracht. Auch über dem Nordpol kann das schützende Ozon vorübergehend abgebaut werden – so wie derzeit.

Wolken aus Salpetersäure

In Luftschichten über 15 Kilometer Höhe sei dort bereits ein Viertel des Ozons abgebaut worden, sagt Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam. Er koordiniert das Forschungsprojekt “StratoClim”, das die Änderungen der Zusammensetzung der oberen Atmosphäre untersucht. Ursache für den aktuellen Ozonverlust seien ungewöhnlich niedrige Temperaturen von minus 90 Grad Celsius, die beispielsweise über Spitzbergen seit Anfang Dezember herrschen. „Normalerweise gibt es in der Stratosphäre keine Wolken“, erläutert der Forscher. „Wenn es aber unter minus 78 Grad sind, kondensiert Salpetersäure aus und bildet Wolken in der Höhe.“ Auf den Partikeln laufen chemische Reaktionen ab, die dazu führen, dass Chlor aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) freie Radikale bildet. Diese zerstören das Ozon, das aus drei Sauerstoffatomen besteht.

Derzeit ist dieser Vorgang auf sehr kalte Luftmassen beschränkt, die von einem gewaltigen Windwirbel eingeschlossen sind. Der erstreckt sich laut Rex im Wesentlichen rund um die Arktis, kann aber zeitweise auch bis Mitteleuropa ausgreifen. Bleibt der Wirbel bis in den März hinein stabil, dürfte der Ozonabbau weiter voranschreiten. „Kritisch wird es, wenn die Polarnacht endet und mehr Sonnenlicht hinzutritt“, sagt der Forscher. Dieses wirke wie ein Katalysator, sodass jedes freie Radikal nacheinander mehrere Ozonmoleküle zerstört.

Der Polarwirbel ist vorerst stabil

Sollte der Polarwirbel – und die eingeschlossene ozonarme Luft – dann erneut bis Europa reichen, kann an den betreffenden Tagen die UV-Strahlung deutlich ansteigen. Laut Rex erreicht sie dann eine Stärke, die wir sonst aus dem Hochsommer kennen.


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Ob es dazu kommt, ist unklar. Sollte der Wirbel nämlich zusammenbrechen, strömt frische Luft nach und die Ozonschicht erholt sich. Die erhoffte Rettung wird es laut Modellrechnungen zumindest in den nächsten zehn Tagen nicht geben.

Atmosphärenforscher lassen nun täglich Messballons aufsteigen, um die weitere Entwicklung zu verfolgen. Diese sind mit Helium gefüllt und steigen in knapp zwei Stunden bis auf 35 Kilometer Höhe, schildert Rex. Über eine Funkverbindung werden Messdaten zu Bodenstationen übermittelt. “Wir versuchen, die Ballons so zu starten, dass sie jene Luftpakete erreichen, die wir schon Tage zuvor einmal untersucht haben. So können wir den Ozonverlust in einer bestimmten Zeit direkt messen.” Irgendwann platzt dann der Ballon, das Messgerät fällt zu Boden – und bleibt in der menschenleeren Arktis verschollen.

Forscher erwarten vollständige Erholung der Ozonschicht

Der Ozonabbau in dieser Region ist kein Novum. So waren bereits im Winter 2010/2011 über der Arktis die Temperaturen in der Stratosphäre für längere Zeit deutlich zurückgegangen, so dass der Ozongehalt spürbar zurückging.

Langfristig wird die Gefahr für das Ozon jedoch abnehmen, die FCKW-Herstellung wurde inzwischen verboten. Etwa Ende des Jahrhunderts rechnen Experten mit einer vollständigen Erholung.

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