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Terroralarm im Rhein-Main-Gebiet: „Mit Überfällen an Waffen kommen“

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Was ist das für eine Gruppierung, die einen Anschlag geplant haben soll, um möglichst viele „Ungläubige“ zu ermorden? Ein Terrorismusexperte gibt Auskunft.

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WIESBADEN – Was ist das für eine Gruppierung, die im Rhein-Main-Gebiet einen islamistisch-terroristisch motivierten Anschlag geplant haben soll, um möglichst viele „Ungläubige“ zu ermorden? Ihre Mitglieder gehören der salafistischen Szene an, die meisten sind deutsche Staatsbürger. Zwillinge aus Wiesbaden sowie ein Offenbacher gelten als die Drahtzieher: So viel lässt die Staatsanwaltschaft Frankfurt raus, die die Ermittlungen führt. Darüber hinaus hat das Netzwerk Terrorismusforschung erfahren: „Es ging den jetzt festgenommenen Salafisten im Rhein-Main-Gebiet darum, Waffenträger zu überfallen, um an Schusswaffen zu kommen.“ Das sagt im Gespräch mit dieser Zeitung Stephan Humer, Vorstand des Netzwerks und in Berlin Professor für Soziologie und Informatik.

Gegen sechs von insgesamt elf Beschuldigten ist Haftbefehl erlassen worden. Unter anderem wegen Terrorismusfinanzierung. „Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass häufig Geld eingesammelt wird, um terror-istsche Aktivitäten zu finanzieren“, sagt Humer. In der Öffentlichkeit errege das meist wenig Aufsehen. „In Berlin gewinnen wir beispielsweise vermehrt Einblicke in die Verbindungen zwischen Organisierter Kriminalität und Terrorfinanzierung. Das sind Mafia-Strukturen“. Gewaschene Gelder oder Gewinne aus dem Drogenhandel würden etwa nach Palästina transferiert, um dort Terror zu finanzieren. Für ihn ist es jedenfalls keine Überraschung, dass auch Salafisten in dieses Geschäft einsteigen. „Das Milieu ist prädestiniert dafür“.

Grundsätzlich glaubt der Terrorismus-Experte: In Deutschland sei die Gefahrenlage noch nicht so ausgeprägt wie in anderen westeuropäischen Ländern, in denen es eine größere arabische Community gibt. „Hier leben mehr Türken, die sich eher in das Leben in Deutschland einfügen – während Syrer und Iraker mit Krieg und Bürgerkrieg groß geworden sind“. Im Nahen Osten sei zudem die Tendenz zur Religion sehr stark ausgeprägt, sagt Humer.

Gleichwohl bewegt sich die Terrorgefahr auch hierzulande nach seinen Erkenntnissen auf konstant hohem Niveau, vielleicht sogar „höher noch, als das momentan den Anschein hat“. Das liege an der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft: „Wenn etwas passiert, dann soll das spektakulär sein, wie etwa der Anschlag in Neuseeland“.

Und: Die Bedrohungslage ändere sich permanent. „Das liegt auch daran, dass es das Kalifat nicht mehr gibt und geflüchtete IS-Kämpfer im medial sensiblen Westen Anschläge verüben wollen“.

Doch auch der Staat hat zwischenzeitlich aufgerüstet. Er ist in der Lage, massiv zu reagieren: Vor zwei Jahren etwa hatten 1 100 Polizisten 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Südhessen durchsucht. Ziel war es damals, ein salafistisches Netzwerk zu zerschlagen. Auch damals kam einer der Beschuldigten aus Wiesbaden: Othman D. wurden Sympathien zum „Islamischen Staat“ nachgesagt, er wurde im vergangenen Jahres nach Tunesien abgeschoben. Genauso wie Alaa J. aus Rüsselsheim. Als Kopf des Netzwerks galt der Tunesier Haikel S.. Um dessen Abschiebung hatte es lange Auseinandersetzungen vor den Gerichten gegeben. Heute ist auch er wieder in Tunesien.

Die Sicherheitsbehörden seien heute sehr viel besser sortiert als noch vor drei Jahren, hat der Professor beobachtet. „Sie stoßen aber an Grenzen, weil sie kaum noch Leute finden, die über Fachwissen verfügen“. IT-Experten etwa seien absolute Mangelware.

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