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Scholz unterstützt Nahles’ Plan für Sozialstaatsreform

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Berlin (dpa) – SPD-Chefin Andrea Nahles kann bei ihrem milliardenschweren Sozialprogramm und der Neuausrichtung der Partei auf Rückendeckung von Vizekanzler Olaf Scholz zählen.

Die Zeit habe sich gewandelt, die SPD schlage deshalb gut 15 Jahre nach den letzten grundlegenden Reformen «abermals eine Modernisierung des Sozialstaates vor», sagte der Vize-Parteichef der «Süddeutschen Zeitung». Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund stellte sich hinter Nahles’ Pläne für eine Abkehr von Hartz IV und eine grundlegende Überarbeitung der Sozialsysteme. Am Sonntag und Montag will der SPD-Vorstand auf einer zweitägigen Klausurtagung über konkrete Ideen beraten.

«Ich kann nur empfehlen, möglichst viel der SPD-Pläne umzusetzen», sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann dem «Tagesspiegel» (online). Die neuen Vorhaben könnten die Gewerkschaften mit der Sozialdemokratie versöhnen. Indem sie etwa die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I verlängere, korrigiere die SPD nicht nur «die Fehler der Vergangenheit». Sie blicke auch auf die rasanten Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung.

Auch Scholz betonte, er halte Verbesserungen bei der Dauer des Arbeitslosengeldbezugs für nötig. Der immer schnellere Wandel der Arbeitswelt durch technischen Fortschritt und Globalisierung dürfe nicht mit weniger Sicherheit einhergehen.

Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte seine Partei dagegen davor, sich auf das Thema Soziales reduzieren zu lassen. «Wir müssen mehr sein wollen als der Betriebsrat der Nation», mahnte der ehemalige Wirtschaftsminister in der «Augsburger Allgemeinen». Er sprach sich für eine Senkung der Unternehmenssteuern aus, «weil sie international nicht wettbewerbsfähig sind», sowie für staatliche Investitionen in die digitale Infrastruktur, «weil der Treibstoff der Zukunft schnelle Daten sind». «Nur Milliarden in Sozialprogramme zu packen, wird Menschen nicht bewegen, uns zu wählen», warnte Gabriel.

Der SPD-Vorstand berät auf der Klausurtagung am Sonntag und Montag über Wege aus dem anhaltenden Umfragetief. Seit Monaten dümpelt die Partei um die 15 Prozent. In einer Vorlage schlägt die Spitze um Nahles eine Reihe sozialpolitischer Maßnahmen vor: den Mindestlohn zu erhöhen, Leistungen für Kinder einfacher zu gestalten und ein Recht auf das Arbeiten von zu Hause gesetzlich zu verankern. Zudem will sie älteren Arbeitslosen länger das höhere Arbeitslosengeld I zahlen und spricht vom Ziel, das bisherige Hartz-IV-System zu überwinden.

Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD) hält einen höheren Mindestlohn für zwingend geboten. «Wir brauchen in Deutschland einen Mindestlohn, der sicherstellt, dass jemand, der Vollzeit arbeitet, nicht zusätzlich noch auf staatliche Unterstützung angewiesen ist», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Ein Mindestlohn von zwölf Euro muss deshalb unser Ziel sein.»

DGB-Chef Hoffmann wies darauf hin, dass einige der SPD-Vorschläge bereits im Koalitionsvertrag stünden. «Das Problem ist, dass Union und SPD jeweils eine andere Lesart haben, was die konkrete Umsetzung der Punkte angeht.» Vor allem der Wirtschaftsflügel der Union stelle sich bei vielem quer. Auch die FDP ist nicht begeistert. «Es ist der falsche Zeitpunkt, darüber nachzudenken», sagte Parteichef Christian Lindner der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Deutschland gerate «zunehmend in einen Schwitzkasten, weil die teuren Entscheidungen der letzten Jahre in Form einer Wirtschaftskrise zurückkommen, die sich gewaschen hat». Dabei verwies Lindner auf das Milliarden-Loch in der Finanzplanung. Wichtig sei jetzt, Arbeitsplätze sicher zu machen.

Der Sprecher des Seeheimer Kreises konservativer Sozialdemokraten, Johannes Kahrs, stellte sich dagegen hinter das geplante Zurückdrehen zentraler Hartz-Reformen. Zugleich forderte er wieder mehr Gewicht für Gabriel und Ex-Parteichef Martin Schulz. «Sie müssen eine wichtige Rolle spielen», sagte er den «Stuttgarter Nachrichten» und der «Stuttgarter Zeitung». «Ich kann allen in meiner Partei nur empfehlen, Sigmar Gabriel und Martin Schulz mitzunehmen und überall einzubauen.»

Gabriel, der bei der Kabinettsbildung vom Führungsduo Nahles/Scholz nicht mehr berücksichtigt worden war, fiel zuletzt mit Seitenhieben gegen die Vorsitzende auf, ebenso wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Parteivize Malu Dreyer kritisierte dies nun. «Es gibt derzeit in der Tat einzelne Stimmen, die dazwischenfunken, während wir größtenteils gemeinsam an einem Strang ziehen», sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz der «Welt». «Jeder muss einen Beitrag leisten, auch ehemals wichtige Mitglieder.»

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