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Rückendeckung für Greta-Demonstranten im Mainzer Landtag

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Schule Schwänzen für einen guten Zweck? Am Freitag hat der Mainzer Landtag über die Klima-Demos debattiert. Wieder einmal war es die AfD, die einen kleinen Eklat auslöste.

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MAINZ – Unter Hitler wurde der Volkssturm auch als „letztes Aufgebot“ bezeichnet. Die AfD hat jetzt in einer Landtagsdebatte die Klimastreiks der Schüler ein „letztes Aufgebot“ genannt und heftige Gegenreaktionen ausgelöst. „Das ist eine Frechheit ohnegleichen“, schimpfte der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Rahm. Wenn man die Schüler schon so bezeichne, „dann bin ich stolz auf dieses Aufgebot“.

Seit Wochen gehen Schüler auch in Deutschland auf die Straße, schwänzen teils die Schule, kämpfen für mehr Klimaschutz und eine bessere Welt. Losgetreten hatte die Lawine die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg. Sie ist Vorbild für viele junge Menschen, von den Grünen wird sie als „Prophetin“ verehrt. „Sind wir doch mal ehrlich: Hätte es eine so große mediale Aufmerksamkeit gegeben, wenn die Schüler am Wochenende demonstrieren gegangen wären? Wohl nicht“, sagt SPD-Mann Rahm. Klar – es sei ein bewusster Tabubruch, die Schule zu schwänzen. Aber auch „gelebte Demokratie“.

Die Grünen im Landtag greifen gerne den Ball auf, den ihnen die Greta-Jünger zuspielen. „Ja, die Forderungen sind berechtigt“, sagt der Grünen-Abgeordnete Andreas Hartenfels zu den Klimaschutz-Protesten. „Wir müssen zusehen, dass wir Frau Merkel zum Jagen tragen.“ So laufe in der deutschen Klimaschutzpolitik vieles falsch. Die Solarbranche sei in die Krise getrieben worden, der Ausbau der Windkraft werde regional falsch verteilt. Und beim Thema Wärmeeffizienz – zum Beispiel effizienteres Heizen – sei es „eine Katastrophe, was sich da abspielt“. Die Umweltministerin kann ihrem Parteifreund nur beipflichten. Die Union unter Merkel betreibe „Zukunftsverweigerung“, ärgert sich Ulrike Höfken. „Jeden Monat erleben wir eine neue Hürde aus Berlin.“ Auch von der Ministerin volle Rückendeckung für die jungen Klimademonstranten. Man müsse deren Zukunftsangst ernst nehmen. Alles andere sei „unterlassene Hilfeleistung“.

EKD

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sieht die unter dem Motto „Fridays for Future“ organisierten Klimaproteste der Schüler positiv. „Wenn die Historiker in 100 Jahren auf unsere Zeit schauen, werden sie alle, die sich wie jetzt die Schülerinnen und Schüler für einen wirksamen Klimaschutz einsetzen, als Motoren eines menschlichen Fortschritts sehen, der ein Leben ohne Naturzerstörung ermöglicht haben wird“, sagte Bedford-Strohm in Düsseldorf.

Es sei für ihn ein großes Hoffnungszeichen, dass ausgehend von einer „hartnäckigen Jugendlichen in Schweden“ inzwischen „Schülerinnen und Schüler in aller Welt auf die Straße gehen, um für wirksame Maßnahmen des Klimaschutzes zu demonstrieren“. (epd)

Für die AfD ist das alles Propaganda, wie der Abgeordnete Jürgen Klein erklärt. Klimaschutz bedeute in der Praxis doch, dass Milliardensubventionen in erneuerbare Energien gesteckt würden; dabei sei der Klimaschutz eine Aufgabe für die Weltgemeinschaft. Apropos Klima: Dass sich dieses ändere, sei ja dokumentiert, so Klein. Es sei aber unsicher, in welche Richtung das gehe, und auch, ob Kohlendioxid dabei überhaupt eine so wichtige Rolle spiele. Das sind natürlich Äußerungen, die die Grünen auf die Palme bringen. Die CDU sagt: Man muss die Sorgen der Schüler ernst nehmen. Die Abgeordnete Christiane Schneider rät den jungen Leuten aber, nicht nur freitags zu demonstrieren, sondern auch Verantwortung in den Kommunen zu übernehme, sich einzubringen, schließlich wird dort Umweltpolitik praktisch umgesetzt. Ein halbes Eigentor, will doch die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen gerne schon 16-Jährige bei Kommunalwahlen wählen lassen. Dazu bräuchte es eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament, was an der CDU scheitert. Schneider fordert jedenfalls, es dem Bund nachzutun, der ein „Klimakabinett“ eingerichtet hat. Und: „Menschen mitnehmen, nicht bevormunden, Anreize schaffen statt Verbote aussprechen“. Und neue Technologien voranbringen, etwa bei Energiespeichern und alternativen Antrieben für Fahrzeuge.

Bleibt da noch die Sache mit dem Schwänzen. Der Abgeordnete Marco Weber (FDP) fordert seine Politikerkollegen auf, nicht über das Thema Schulpflicht zu diskutieren, sondern die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Schülern zu suchen. „Aber meine persönliche Meinung ist: Schulpflicht ist Schulpflicht und man sollte die Schule besuchen.“ Jürgen Klein (AfD) sagt, wenn „Deutschland nicht auf den Stand eines Agrarlandes mit Biolandbau“ zurückfallen solle, müsse man dafür sorge, dass die Schulen zum Lernen da seien – und nicht zur Stimmungsmache.

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