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Rheinland-Pfalz: Mehr Rentner benötigen staatliche Hilfen

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So lange gearbeitet, wie es ging – und dann reicht es im Alter oder bei Arbeitsunfähigkeit trotzdem nicht zum Leben? Das ist für immer mehr Rheinland-Pfälzer die Realität.

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MAINZ – Rente, aber es reicht nicht: Für rund 45.000 Menschen in Rheinland-Pfalz ist das Realität. Ihre Renten sind so gering, dass sie, um genügend Geld zum Leben zur Verfügung zu haben, die so genannte Grundsicherung erhalten – also Sozialhilfe. Die Zahl ist in den vergangenen zehn Jahren drastisch angestiegen.

32.000 Rentner in Rheinland-Pfalz haben im Jahr 2007 die „Grundsicherung“ erhalten. Zehn Jahre später waren es 13.000 Betroffene mehr. Das ist ein Zuwachs von über 40 Prozent. Diese Zahlen hat das Statistische Landesamt veröffentlicht.

DGB sieht Jobzuwachs bei „prekären Beschäftigungen“

Wie kommt es zu diesem Trend? „Weil es immer mehr Menschen gibt, die mehrmals oder sogar über einen längeren Zeitraum arbeitslos waren“, sagt Dietmar Muscheid, Landeschef des Gewerkschaftsbundes DGB. Ein weiterer Grund sei, dass immer mehr Menschen in den Niedriglohnsektor abrutschten. Also nur noch Jobs mit schlechtem Einkommen erhalten. Das treffe vor allem Frauen, die als Minijobber oder in Teilzeit gearbeitet haben.

Grundsicherung

  • Als „Grundsicherung“ werden in Deutschland alle Formen der aus Steuern finanzierten Sozialleistungen genannt.
  • Das gilt für Hilfen bei Langzeitarbeitslosigkeit – besser bekannt als Hartz IV – oder bei Zuschüssen, die in anderen Formen der Sozialhilfe nötig werden. Etwa wenn die Rente nicht zum Leben reicht. Geregelt wird diese im SGB XII.

Das „Jobwunder“, das seit den Hartz-Reformen gefeiert wird, sieht Muscheid weniger euphorisch: „Der Zuwachs bei der Beschäftigung zwischen 2007 und 2017 geht fast nur auf prekäre und atypische Beschäftigung zurück.“ Das unbefristete Arbeitsverhältnis in Vollzeit, mit tarifgerechter Bezahlung werde immer mehr zur Ausnahme.

Auch der Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Rheinland-Pfalz, Willi Jäger, sieht die Folgen der Hartz-Reformen kritisch: „Altersarmut frisst sich wie ein Krebsgeschwür in unsere Gesellschaft, das zeigen die Zahlen des Statistischen Landesamts deutlich.“ Als Gründe nennt Jäger das sinkende Rentenniveau, gekürzte Erwerbsminderungsrenten, überteuerte Mieten, Niedriglöhne und befristete Arbeitsverträge. „Mit der Agenda 2010 ist vielen Menschen die würdige Alterssicherung weggebrochen.“

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VdK: Problem wird noch zunehmen

Von den 45.000 Rentnern, die „Grundsicherung“ erhalten, haben laut Statistischem Landesamt 22.000 Betroffene die Altersgrenze erreicht. 23.000 Menschen bezögen eine Rente, die mit der „Grundsicherung“ gestreckt wird, weil sie dauerhaft als „erwerbsgemindert“ gelten. Also weil sie zum Beispiel wegen einer Krankheit nicht mehr arbeiten können.

Muscheid sieht die Ursache dafür in Abschlägen, die 2001 auf die Erwerbsminderungsrente eingeführt wurden. Das habe viele Betroffene um eine auskömmliche Rentenzahlung gebracht, sodass sie nun auf die Grundsicherung angewiesen seien. Das Problem nicht ausreichender Renten, so prophezeit Jäger, werde noch zunehmen: „Der Großteil von ihnen kommt erst ins Rentenalter.“ Die Politik müsse die soziale Spaltung bekämpfen: Das Rentenniveau müsse auf 50 Prozent steigen, Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten gehörten gestrichen und der Mindestlohn müsse auf zwölf Euro erhöht werden.“

Auch Muscheid geht davon aus, dass die Zahl der Menschen, die im Alter „Grundsicherung“ benötigen, noch steigen wird. Der Gewerkschaftschef wirbt daher für mehr „Arbeit von denen die Menschen leben können, abgesichert mit Tarifverträgen und als unterste Haltelinie einem ausreichenden gesetzlichen Mindestlohn, damit die Menschen von ihrem Einkommen leben und Beiträge zahlen können.“ Zudem sei ein auskömmliches und stabiles Rentenniveau notwendig. „Und es muss darum gehen, allen einen sicheren und planbaren Übergang von der Arbeit in die Rente zu ermöglichen.“ Für Menschen ohne existenzsichernde Renten müssten die Sätze der „Grundsicherung“ angehoben werden. Das würde ihnen ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ sichern.

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