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“Manchmal ist der Blick gräulich”

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Am Anfang scheint alles leicht. Doch die Liebe heiß oder wenigsten warm zu halten, ist anstrengend – und braucht gelegentlich Hilfe.

Der Frühling der Liebe ist meist schön – danach beginnt das wahre Leben.

Die Statistik weiß auch Emotionales: 72 Prozent der Deutschen glauben an die Liebe fürs Leben. Auch wenn sie es selber nicht schaffen, sie zu leben. Schließlich gibt es genügend Klippen, an denen Beziehungen hängen bleiben oder gar scheitern können. „Wir sprechen von Schwellensituationen im Lebens- und Liebeszyklus“, sagt Achim Haid-Loh, Paar- und Familientherapeut am Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung Berlin (EZI). Vom Zusammenziehen über die „verbindliche Verbindung“ – beispielsweise Verlobung oder Heirat – bis zum ersten gemeinsamen Kind oder der Pubertät des Nachwuchses gebe es immer wieder Situationen, in denen sich Paare neu finden, konsolidieren müssten. „Die Brille, durch die man den anderen sieht, kann in diesen Phasen durchaus ein gräuliches Bild zeigen“, bestätigt der Experte.

Man fragt sich: Wer ist das eigentlich?

Der Klassiker für eine Erschütterung in der Paarbeziehung sei die „Empty-Nest-Phase“, der Moment, in dem die Kinder das Haus verlassen und die ursprüngliche Zweierbeziehung auf ihren Ursprung zurückgeworfen ist. „Man schaut sich um, sieht den Partner oder die Partnerin und fragt sich: Wer ist das eigentlich?“, formuliert es Achim Haid-Loh. Um nicht im Laufe der Jahre „zweisam einsam“ zu werden, brauche es Rituale. Nicht erst, wenn die neue Situation da sei, sondern schon vorher. „Es ist wichtig, feste Zeiten miteinander zu vereinbaren, beziehungsweise einen Jour Fixe. Ob man dann miteinander redet oder Tango tanzt, ist egal.“ Und was ist das Geheimnis langer Beziehungen? „Wer es schafft, von dem Wunsch Abstand zu nehmen, den anderen nach seinen Vorstellungen zu formen, ist schon weit gekommen. Wer den gegenseitigen Respekt und ein bisschen Fremdheit zwischen sich bewahrt, hat gute Voraussetzungen für eine langfristig lebendige Beziehung.“

Wenn die Frau glücklich ist, läuft die Ehe

Die aus einer amerikanischen Studie resultierende These „Wenn die Frau glücklich ist, läuft die Ehe“ kann Achim Haid-Loh indirekt bestätigen. „60 Prozent der Scheidungsanträge gehen von Frauen aus. Sie sind die seelisch mobileren und reagieren – zum Beispiel auf das Schweigen der Männer.“ Ihre ökonomische Unabhängigkeit vom Mann ermöglicht ihnen außerdem heute viel eher, sich zu trennen.

Die Paartherapie könne mithilfe eines Dritten einen Handlungsdialog eröffnen, der der kriselnden Beziehung neue Chancen eröffne. Auch ältere Paare und Hochbetagte suchen in Zeiten höherer Lebenserwartung die Hilfe der Therapeuten. „Viele sagen sich: Es liegen noch so viele Jahre vor mir, die möchte ich glücklich verbringen.“

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