Politik

Guaidó gegen Maduro: Machtkampf in Venezuela eskaliert

0

Jetzt teilen:

Caracas (dpa) – Nachdem sich Venezuelas Parlamentschef Juan Guaidó zum Interims-Präsidenten erklärt hat, spitzt sich der Machtkampf in dem südamerikanischen Land zu. Staatschef Nicolás Maduro sprach von einem Staatsstreich und warf den USA vor, eine Marionettenregierung einsetzen zu wollen.

Sowohl im Land selbst wie auch international werden jetzt die politischen Fronten deutlich sichtbar. Die Bundesregierung unterstrich die Rolle des Parlaments in dem Land.

Guaidó hatte am Mittwoch
nach der Macht gegriffen. Kurz darauf stellten sich
die USA, die Spitze der Organisation Amerikanischer Staaten sowie zahlreiche lateinamerikanische Regierungen hinter Maduros 35-jährigen Herausforderer.

Im eigenen Land kann Maduro noch immer auf die Unterstützung des mächtigen Militärs zählen. In der Region halten auch die Verbündeten in Bolivien, Kuba und Nicaragua noch zu dem Sozialisten, dessen Land über die größten Erdölreserven der Welt verfügt.

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte: «Die Bevölkerung Venezuelas setzt sich mutig für eine freie Zukunft des Landes ein». Dafür brauche es nun einen politischen Prozess, der in freie und glaubwürdige Wahlen münde, schrieb er am Donnerstag auf Twitter. «Dabei kommt der demokratisch gewählten Nationalversammlung eine besondere Rolle zu.»

Ähnlich äußerte sich auch die Europäische Union in Brüssel. Die EU unterstütze die von Guaidó geführte Nationalversammlung «als demokratisch gewählte Institution, deren Befugnisse wiederhergestellt und respektiert werden müssen», erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Ein politischer Prozess müsse «zu freien und glaubwürdigen Wahlen» führen, «im Einklang mit der Verfassung.»

EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb auf Twitter: «Im Gegensatz zu Maduro verfügt das Parlament,
Juan Guaidó eingeschlossen, über ein demokratisches Mandat der venezolanischen Bürger.»

«Nach der illegitimen Wahl von Nicolás Maduro im Mai 2018 unterstützt Europa die Wiederherstellung der Demokratie», schrieb Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag auf Twitter. Den Namen Guaidó nannte er explizit nicht. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez rief am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos Guaidó an und sagte, er erkenne die von ihm geführte Nationalversammlung an und setze auf freie Wahlen zur Lösung der Krise.

Russland verurteilte dagegen am Donnerstag die US-Unterstützung für Guaidó. «Diese sofortige Anerkennung zielt nur darauf ab, die Spaltung der Gesellschaft von Venezuela und die Destabilisierung der innenpolitischen Situation zu verstärken», teilte das Außenministerium in Moskau mit. Washington vernachlässige die Normen und Grundsätze des Völkerrechts.

China rief im Machtkampf in Venezuela zur Zurückhaltung auf und warnte besonders die USA vor einer Einmischung. Alle Seiten lehnten entschieden eine militärische Intervention in Venezuela ab, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Auch Sanktionen würden nicht helfen, «praktische Probleme zu lösen».

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich hinter Maduro. Er habe ihm in einem Telefonat die Unterstützung der Türkei zugesichert, teilte Erdogans Sprecher, Ibrahim Kalin, in der Nacht zu Donnerstag auf Twitter mit. Auch Teheran steht weiter hinter Maduro. «Der Iran unterstützt die Regierung und das Volk Venezuelas gegen illegitime und illegale Aktionen wie Putschversuche und ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes», sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Donnerstag.

Das Weiße Haus hatte Maduro am Mittwoch zu einer friedlichen Machtübergabe aufgerufen und drohte dem Sozialisten andernfalls mit schweren Konsequenzen. «Alle Optionen sind auf dem Tisch», sagte US-Präsident Donald Trump. Er werde weiter auf «die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela» dringen. Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter wollte am Mittwoch auf Nachfrage
auch eine militärische Option nicht ausschließen.

Maduro brach nach der Solidaritätsnote der USA für Guaidó die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ab und verwies deren diplomatisches Personal des Landes. «Hier ergibt sich niemand. Venezuela hat das Recht, sich selbst souverän zu regieren», sagte der Staatschef bei einer Rede vor Anhängern. «Die imperialistische US-Regierung will eine Marionettenregierung in Venezuela einsetzen.»

Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino sicherte Maduro die Unterstützung der Armee zu. Ob der Machtwechsel in Caracas gelingt, dürfte davon abhängen, ob die Opposition den Druck auf der Straße aufrechterhalten
und das Militär auf ihre Seite ziehen kann. Am Mittwoch gingen landesweit Zehntausende Menschen gegen die sozialistische Regierung auf die Straßen. Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte kamen bei den Krawallen 16 Menschen ums Leben.

«Sicher ist: Das Militär im Land ist gespalten», sagte der ehemalige Handels- und Industrieminister Moisés Naím am Donnerstag auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Ein Teil der Streitkräfte sei «sehr, sehr unglücklich» mit der Lage im Land. «Allerdings steht das Militär unter straffer Kontrolle», ergänzte er. Ein wichtiger Faktor im Land sei der Einfluss Kubas. Venezuela drohe zum Spielball geopolitischer Konflikte zu werden.

Venezuela, das rund 30 Millionen Einwohner hat, steckt seit langem in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Viele Regierungsgegner sitzen in Haft oder leben im Exil. Wegen eines Mangels an Devisen kann das einst reiche Land kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Rund drei Millionen Venezolaner sind schon ins Ausland geflohen.

Einstellungen zur Migration: Bedingt willkommen

Previous article

Land mit zwei Präsidenten: Wohin steuert Venezuela?

Next article

You may also like

Comments

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Politik