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Ex-Bundespräsident Joachim Gauck in Wiesbaden mit Leuschner-Medaille ausgezeichnet

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Für seine Verdienste als Brückenbauer hat der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck in Wiesbaden die Wilhelm-Leuschner-Medaille erhalten.

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WIESBADEN – Als erster ehemaliger Bundespräsident ist Joachim Gauck am Samstag mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille, der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen, geehrt worden. Ministerpräsident Volker Bouffier sagte vor etwa 250 Gästen bei einem Festakt im Kurhaus, Gauck habe der Freiheit wieder die hohe Bedeutung zugewiesen, die wir in unserer Gesellschaft benötigten.

Gerade in der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation, in der Populisten und Demagogen die Freiheit und das demokratische System bedrohten, sei der Einsatz für die Freiheit aktueller denn je. Gauck gebe den Menschen die notwendige Orientierung. Als Beauftragter für die Stasi-Unterlagen habe Gauck sich mit Klugheit und Sensibilität dafür eingesetzt, die Erinnerung an die Diktaturen des Kommunismus sowie des Nationalsozialismus wachzuhalten, um den Wert der Demokratie für Gegenwart und Zukunft zu stärken. Er habe in der Überzeugung gehandelt, dass man Demokratie und Freiheit nicht auf Vergessen aufbauen könne. „Joachim Gauck hat die besondere Gabe, Brücken zu den Menschen zu bauen“, meinte Bouffier. Als Bundespräsident sei er nach Frankreich und Polen gereist, dorthin, wo „es für einen_Deutschen wehtut“. Er wünsche sich, dass Gauck auch in Zukunft seine Stimme für Frieden und Freiheit erheben werde.

Plädoyer für Bundesländer

Der parteilose Gauck (78) war von 2012 bis zum 2017 Bundespräsident. Während der friedlichen Revolution in der DDR war er führendes Mitglied des Neuen Forums in Rostock. Gauck gehörte der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR an. Mit der Wiedervereinigung war Gauck kurzzeitig Mitglied des Bundestages für Bündnis 90. Dieses Mandat legte er mit der Wahl zum ersten Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen 1990 nieder. Gauck stand bis zum Jahr 2000 an der Spitze dieser häufig nach ihm benannten „Gauck-Behörde“.

Die Auszeichnung

Die Wilhelm-Leuschner-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie wurde 1964 durch den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn anlässlich des 20. Todestages von Wilhelm Leuschner gestiftet. Leuschner, SPD-Politiker und früherer hessischer Innenminister, kämpfte im Widerstand gegen die Nationalsozialisten und wurde 1944 hingerichtet.

Er nehme die Auszeichnung mit großer Freude, aber auch ein wenig beschämt wegen der großen Verdienste des Namensgebers Wilhelm Leuschner entgegen, sagte Gauck. Nicht jeder sei ein Märtyrer, aber jeder habe die Wahl, sein Potenzial, Gutes zu tun, mit anderen zu teilen. Gauck unterstrich die Bedeutung der Bundesländer für die gesellschaftliche Ordnung. Er erinnerte daran, dass sie in der DDR abgeschafft und „zur Freude der Bürger“ 1989 wieder eingeführt worden seien. In Zeiten, da die Zustimmung zu nationalen Tendenzen, zur „Retropolitik“, zunehme, seien die Bundesländer ein „starker Haltepunkt für Identität und Heimat“.

Heikle Themen in der Mitte der Gesellschaft diskutieren

Gauck rief mit Blick auf rechtspopulistische Tendenzen in vielen Ländern Europas dazu auf, heikle Themen in der Mitte der Gesellschaft zu diskutieren und sie nicht an den Rand zu schieben. Es sei ein Irrglaube, dass brisante Themen sich durch Wegsehen von selbst erledigten. Er warnte davor, die Menschen beim Tempo der europäischen Integration zu überfordern, und riet zu einer „zielwahrenden Entschleunigung“.

Die aktuelle politische Entwicklung in Deutschland stelle die Gesellschaft vor eine „neue Herausforderung der Toleranz“, meinte Gauck, ohne die AfD zu erwähnen. „Auch wenn wir ihre politischen Ziele ablehnen, die Menschen dafür vielleicht sogar verachten, bleiben sie unsere Gesprächspartner“, sagte der ehemalige Bundespräsident.

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