Wirtschaft

Erste Fluggesellschaft will von Boeing Schadenersatz

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Der Billigflieger Norwegian zieht als erster in den Kampf mit dem US-Flugzeugbauer. Die Gesellschaft hat allein 18 Boeing 737 Max 8. Und nach vielen anderen haben auch die USA ein Flugverbot für den Flugzeugtyp erlassen.

Der Absturz von zwei nagelneuen Maschinen des Typs 737 Max 8 binnen fünf Monaten könnte sich für Boeing zum finanziellen Desaster entwickeln. Als erste Airline kündigte der Billigflieger Norwegian Air Shuttle Entschädigungsforderungen an. Norwegian besitzt 18 Maschinen des Typs 737 Max 8. Die Fluggesellschaft werde Boeing “die Rechnung schicken”, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Norwegian dürfe nicht finanziell leiden, weil ein komplett neues Flugzeug nicht fliegen könne. Die finanziell angeschlagene Airline musste demnach an diesem Mittwoch 19 Flüge streichen und die Passagiere umbuchen.

Trump ordnet Flugverbot für 737 Max an

Eine Reihe von Fluggesellschaften nutzt die Boeing vorerst nicht mehr, darunter Tuifly, Icelandair, Turkish Airlines, die südafrikanische Comair, die Cayman Airways, die brasilianische Gol Airlines oder Aeroméxico. Die Europäische Union und zahlreiche weitere Staaten sperrten ihren Luftraum für die 737 Max. Zuletzt folgten auch Kanada, die Türkei, Serbien, Ägypten, Neuseeland und Vietnam. Und jetzt haben sich auch die USA angeschlossen. US-Präsident Donald Trump ordnete ein Flugverbot für die Boeing 737 Max 8 und auch für Max 9 an.

Kritik In USA an Luftfahrtbehörde

Die US-Luftfahrtbehörde FAA dagegen sieht weiter keinen Anlass für ein vorübergehendes Flugverbot. Für einen solchen Schritt gebe es derzeit “keine Grundlage”, erklärte FAA-Chef Daniel Elwell. Die bisherige Überprüfung habe keine “systemischen Probleme” aufgedeckt. Auch hätten andere Luftfahrtbehörden den USA keine Daten geliefert, die ein solches Vorgehen rechtfertigen würden. In den USA gab es Kritik an der Entscheidung der Behörde. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren und der republikanische Senator Ted Cruz forderten, die Boeing 737 Max 8 vorsichtshalber vorerst am Boden zu lassen. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft von American Airlines rief ihre Mitglieder dazu auf, die Maschine nicht zu betreten, wenn sie sich nicht sicher fühlten.

Die Senatoren Elizabeth Warren und Ted Cruz verlangen, dass die 737 Max 8 auch in den USA am Boden bleibt

Auch ein Bericht der “Dallas Morning News“ verheißt nichts Gutes. Demnach hatten gleich mehrere US-Piloten schon Wochen vor der Katastrophe von Äthiopien ernsthafte Bedenken über die Sicherheit der 737 Max 8 geäußert. Fünf Beschwerden, unter anderem über die umstrittene Steuerungssoftware MCAS, fanden die Reporter der “Dallas Morning News“ im “Aviation Safety Reporting System“. In dieser staatlichen US-Datenbank können Piloten, Flugbegleiter und Co. anonym von Flug-Zwischenfällen berichten. Alles diese Beschwerden beziehen sich auf Autopilot-Flüge mit der Boeing-Maschine. Demnach passierten die Zwischenfälle allesamt, als die Maschinen versuchten, nach dem Start an Höhe zu gewinnen. In den Notizen des Flugpersonals (drei Piloten, zwei Co-Piloten) heißt es, das Flugzeug habe seine Nase im Steigflug plötzlich nach unten gesenkt. Ein Co-Pilot schreibt, das System habe erst wieder funktioniert, nachdem der Autopilot-Modus ausgeschaltet worden sei.  

Handbuch von Boeing “fast kriminell unzureichend“

Ein Kapitän erklärt in seiner Beschwerde das noch recht neue, äußerst komplizierte MCAS-System, das erst mit der 737-Max-Reihe auf den Markt kam. Er schreibt, es sei “unvernünftig“, dass es Piloten erlaubt ist, die Boeing 737 Max 8 ohne spezielles Training und ohne weitere Informationen über Unterschiede zu älteren 737-Modellen fliegen zu lassen. Das Handbuch der Boeing 737 Max 8 nennt er “mangelhaft und fast kriminell unzureichend“.

Der Jet ist erst seit Mai 2017 in Betrieb.Weltweit fliegen rund 370 Maschinen des Typs. Wegen des geringen Spritverbrauchs war das Flugzeug bislang sehr begehrt. Rund 100 Airlines haben bereits mehr als 5000 Maschinen bestellt. Am Sonntag war eine relativ neue 737 Max 8 der Ethiopian Airlines kurz nach dem Start abgestürzt. Alle 149 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Erst im Oktober war eine solche Maschine der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air kurz nach dem Start verunglückt, 189 Menschen starben bei der Tragödie.

Untersuchung der Flugschreiber in Deutschland

Die Flugschreiber der in Äthiopien verunglückten Maschine sollen zur Analyse nach Deutschland geschickt werden. Dies teilte ein Sprecher von Ethiopian Airlines mit. Die sogenannten Blackboxes zeichnen den Sprechfunk im Cockpit und alle Flugdaten auf, weswegen sie für die Klärung der Unglücksursache entscheidend sein könnten. Für gewöhnlich werden die Flugschreiber nach einem Unglück in das Herstellerland geschickt, was in diesem Fall die USA wären. Auch die Entscheidung für die Bundesrepublik könnte daher als Misstrauen gegenüber Boeing ausgelegt werden.

sti/qu (afp, dpa, rtr)

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