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Carl XVI. Gustaf – ein König mit Imageproblemen

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Seit gefühlt ewigen Zeiten sitzt Carl Gustaf auf dem Thron – mit Pannen und Skandalen. Dank Tochter Victoria sehen die Schweden die Monarchen positiv.

Heute feiert Carl Gustaf – hier mit seiner Frau, der gebürtigen Deutschen Silvia Sommerlath – seinen 70. Geburtstag

Vier von zehn Schweden würden ihn einer aktuellen Umfrage zufolge am liebsten sofort in Pension schicken. Doch diesen Gefallen will König Carl XVI. Gustaf seinen Kritikern – noch – nicht tun. Die Übergabe der Geschäfte an Kronprinzessin Victoria sei nicht aktuell, sagte das Staatsoberhaupt jüngst der Nachrichtenagentur TT. Zum einen solle seine Erstgeborene vorerst so viel Zeit wie möglich Familie und Freunden widmen und weitere Erfahrungen für ihr künftiges Amt sammeln können. Zum anderen ist da das königliche Pflichtbewusstsein: „Man arbeitet so lange man kann und die Gesundheit einen nicht im Stich lässt.“ Heute feiert Carl Gustaf seinen 70. Geburtstag.

Überhaupt habe er in seiner mehr als 40-jährigen Regentschaft „so hart gearbeitet, wie meine Fähigkeiten und meine Kraft dies erlaubten“, betonte Carl Gustaf in einem vom Schwedischen Fernsehen am Donnerstagabend ausgestrahlten Interview. Ungewöhnlich offenherzig beklagt er sich darin über die Medien, die sich „ständig“ auf seine Kosten lustig machten. Dies mache ihn „ärgerlich, wütend und traurig“.

Der Monarch hat ein sehr angespanntes Verhältnis zur Presse

Dass sich der privat als recht aufgeräumt geltende König offiziell meist ernst bis grimmig gibt, dürfte nicht zuletzt dem angespannten Verhältnis zur schreibenden Zunft geschuldet sein. In ihrem Blickfeld steht das heutige Staatsoberhaupt seit seiner Geburt – zunächst als jüngster und einziger männlicher Part einer fünfköpfigen Geschwisterschar, die im Jahr 1947 den Vater, Erbprinz Gustaf Adolf, durch ein Flugzeugunglück verliert. 1950, mit der Ernennung des damals Vierjährigen zum Kronprinzen, wächst das öffentliche Interesse; ordentlich Fahrt nimmt es Mitte der 1960er Jahre auf, als Carl Gustaf nach Abitur und Militär an der Universität Uppsala unter anderem Geschichte und Wirtschaftswissenschaft studiert, der Leidenschaft für schöne Frauen und schnelle Autos frönt und von der Presse den Beinamen „Partyprinz“ erhält.

Ab und an wird zudem gelästert, der Thronerbe sei möglicherweise nicht das hellste aller Lichter. Von seiner Lese- und Rechtschreibschwäche ahnt die Öffentlichkeit zu dieser Zeit noch nichts. Wer nur stockend von einem Blatt Papier ablesen kann, gilt als dumm.

Für Überraschungen war er immer gut: So 1975, als er die Verlobung mit der Deutschen Silvia Sommerlath bekannt gab.

Mit dem Tod seines Großvaters Gustaf VI. Adolf findet für den Partyprinzen die unbeschwerte Zeit ein Ende. Im September 1973 übernimmt er 27-jährig den Thron. Drei Jahre später macht er die Deutsche Silvia Sommerlath zu seiner Königin; die Kinder Victoria, Carl Philip und Madeleine werden 1977, 1979 und 1982 geboren. Mittlerweile hat das Königspaar fünf Enkel.

Als siebenter Monarch aus der Bernadotte-Dynastie führt Carl Gustaf heute ein Königshaus, das mit einer mehr als 1000-jährigen Geschichte zu den weltweit ältesten zählt. Die Befugnisse des Staatsoberhaupts sind allerdings mager. Carl Gustaf ist ein machtloser Regent – machtloser noch als seine Amtskollegen in den ebenfalls konstitutionellen Monarchien in Dänemark und Norwegen. Während diese zumindest formal eine wichtige Rolle bei der Regierungsbildung spielen und kein Gesetz ohne ihre Unterschrift verabschiedet wird, beschränkt sich seine Rolle seit einer Grundgesetzänderung 1974 aufs Repräsentieren sowie darauf, „über die Angelegenheiten des Reiches informiert“ zu werden. Politische Stellungnahmen sind tabu.

Böse Zungen behaupten, er sei nicht besonders helle

Und das sei auch gut so, meinen böse Zungen – die Missachtung des Schweigegebots könne nämlich im Debakel enden. Für Befremden sorgte der König erst am vergangenen Donnerstag in einem Rundfunkinterview mit der Aussage, er pflege „gute Beziehungen“ ausgerechnet zu Saudi-Arabien, dessen Regime Menschenrechte permanent missachtet. Zu den schweren Ausrutschern gehört der Staatsbesuch in Brunei 2004, als Carl Gustaf in einem unbedachten Moment den despotischen Sultan für dessen Bürgernähe lobte. Hohn und Spott der Presse stoppte er damals erst im folgenden Jahr, mit seiner Rede nach der Tsunamikatastrophe, bei der mehr als 500 schwedische Touristen in Thailand ums Leben kamen. Die sehr persönlich gehaltene Ansprache berührte die Untertanen nachhaltig. Zu seinem 60. wurde der König gefeiert wie ein Rockstar. Diesmal wird die Partystimmung von Meldungen gedämpft, wonach Terroristen des „Islamischen Staats“ Anschläge in der schwedischen Hauptstadt planen.

Heute profitiert Carl Gustaf maßgeblich von den Sympathiewerten seiner Tochter Victoria und Enkelin Estelle.

Hinter dem Jubilar liegt die schwerste Krise seiner Amtszeit, ausgelöst 2010 mit einem Skandalbuch über außereheliche Sex-Eskapaden. Immerhin kann sich Carl Gustaf zum Geburtstag über Umfrageergebnisse freuen, wonach die Zahl der Schweden mit großem oder sehr großem Vertrauen ins Königshaus nach langer Flaute wieder gestiegen ist – von 40 Prozent im Vorjahr auf jetzt 42 Prozent und somit auf höhere Werte, als sie beispielsweise die Regierung vorweisen kann.

Dass der Hof den Riesenskandal offenbar unbeschadet überstanden hat, wird vor allem dem Charme der beiden Damen zugeschrieben, die gemeinsam mit dem Staatsoberhaupt die neue Briefmarke zu dessen Ehren zieren: Kronprinzessin Victoria, in Schweden seit Jahren beliebteste Person des öffentlichen Lebens, und deren Tochter Estelle. Die stets bestens gelaunte Vierjährige ist die Älteste der in jüngster Zeit rasant gewachsenen Enkelschar.

Opa Carl Gustaf macht unterdessen ab und an noch immer mit der Übertretung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten von sich reden. Neben Autos und Sport gelten als seine großen Leidenschaften Ökologie und Landwirtschaft. Ihnen frönt der Hobby-Landwirt seit Jahrzehnten auf dem Gut Stenhammar im mittelschwedischen Flen. Doch im Hauptberuf will Carl Gustaf also bis auf Weiteres für die Landsleute „ein einigendes Symbol gerade in schwierigen Zeiten“ sein. Dass die Monarchie auch im aufgeklärten, Hierarchien verschmähenden Schweden eine Zukunft hat, steht für ihn außer Frage: „Sie repräsentiert eine kulturelle Stabilität, die die Nation weiterführt.“

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