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70 Jahre Nato: Die Bündnispartner feiern und streiten

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Die Nato feiert ihr 70-jähriges Bestehen in Washington, aber die Stimmung ist nicht besonders feierlich. Die Botschaften der USA an Deutschland bleiben hart. Und das ist nicht der einzige Streit.

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Washington (dpa) – Überschattet von internem Streit haben in Washington die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen der Nato begonnen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erinnerte bei einem Festakt am Mittwochabend (Ortszeit) an die Errungenschaften des Bündnisses.

«Immer wieder haben Europa und Nordamerika gemeinsam unter derselben Flagge für Frieden und Demokratie gedient», erklärte er. Die Verbündeten stünden weiterhin Seite an Seite, um sich den Herausforderungen der heutigen Zeit zu stellen. «Aber wir können und müssen gemeinsam mehr tun, um die Sicherheit und den Wohlstand von uns allen sicherzustellen.»

US-Vizepräsident Mike Pence hatte vorher weniger versöhnliche Töne angeschlagen und zu einem Rundumschlag gegen Deutschland ausgeholt: Er kritisierte die deutschen Verteidigungsausgaben und rügte Deutschlands Kooperation mit Russland beim Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2. Der deutsche Außenminister Heiko Maas wies die Kritik an den Budgetplänen der Bundesregierung zurück.

Die US-Regierung blieb damit ihrem konfrontativen Kurs gegenüber anderen Bündnispartnern treu: Präsident Donald Trump hatte in der Vergangenheit mehrfach Zweifel daran geweckt, ob die USA im Fall eines Angriffs auf einen europäischen Alliierten wirklich bedingungslos militärische Unterstützung leisten würden. Aus Verärgerung über die seiner Meinung nach zu geringen Verteidigungsausgaben von Ländern wie Deutschland drohte er sogar mit einem Rückzug der USA aus dem Bündnis. Nach Einschätzung von Kritikern erschüttert Trump mit solchen Äußerungen die Grundfesten der Nato.

US-Vizepräsident Pence erklärte am Mittwoch bei einer Rede vor Beginn der eigentlichen Feierlichkeiten, Deutschland habe die stärkste Wirtschaft in Europa, weigere sich aber, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. «Deutschland muss mehr tun», mahnte Pence.

Pence kritisierte auch die Kooperation der Deutschen mit Russland beim Bau der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 scharf. Diese wird derzeit über 1200 Kilometer zwischen Deutschland und Russland durch die Ostsee verlegt und soll russisches Erdgas nach Europa bringen. Etliche EU-Länder und die USA lehnen das Projekt ab. Die Amerikaner haben offen den Ausstieg aus dem Vorhaben verlangt.

Pence warnte, die Sicherheit des Westens könne nicht gewährleistet werden, wenn sich Verbündete von Russland abhängig machten. Es sei falsch, wenn sich Deutschland bei der Energie von Russland abhängig mache. Dies könne die deutsche Wirtschaft zu einem Gefangenen der Russen machen. Und es sei schlicht inakzeptabel, wenn Europas größte Volkswirtschaft die Bedrohung durch Russland ignoriere.

Bundesaußenminister Maas wehrte sich gegen die Kritik an den deutschen Ausgaben. «Ich weiß, unser Haushaltsverfahren ist für Außenstehende manchmal schwer zu verstehen», sagte er in einer Rede kurz nach seiner Ankunft in Washington. «Aber wir haben uns klar dazu bekannt, mehr Geld in Verteidigung zu investieren, und wir halten Wort.»

Die Staats- und Regierungschefs der Nato hatten 2014 vereinbart, dass sich alle Mitgliedstaaten bei ihren Verteidigungsausgaben bis 2024 einem Wert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts annähern sollen. Deutschland hat 1,5 Prozent bis 2024 fest zugesagt.

Wie die Bundesregierung diese Zusage einhalten will, ist bislang aber vollkommen unklar. Nach dem jüngsten Nato-Jahresbericht lagen die deutschen Ausgaben im vergangenen Jahr bei 1,23 Prozent. Die mittelfristige Planung sieht nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium 1,26 Prozent für das Jahr 2023 vor. Demnach müssten die Verteidigungsausgaben von 2023 auf 2024 um einen zweistelligen Milliardenbetrag erhöht werden, wenn das Ziel erreicht werden soll.

Zwischen den USA und Türkei eskalierte unterdessen der Streit um den Kauf eines umstrittenen russischen Raketenabwehrsystems durch die Regierung in Ankara. Die USA erhöhten am Mittwoch den Druck auf die Türkei, die an dem Deal mit Moskau aber unbeirrt festhielt.

US-Vizepräsident Mike Pence sagte in Washington: «Die Türkei muss wählen: Will sie ein entscheidender Partner des erfolgreichsten Militärbündnisses der Weltgeschichte bleiben, oder will sie die Sicherheit dieser Partnerschaft riskieren, indem sie unverantwortliche Entscheidungen trifft, die dieses Bündnis untergraben?» Sollte die Türkei das S-400-Raketenabwehrsystem kaufen, riskiere das Land den Ausschluss aus dem Programm des F-35-Kampfjets.

Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay reagierte mit ähnlicher Wortwahl. «Die Vereinigten Staaten müssen wählen», schrieb er auf Twitter. «Wollen sie ein Verbündeter der Türkei bleiben, oder wollen sie unsere Freundschaft riskieren, indem sie sich mit Terroristen zusammentun, um die Verteidigung ihres Nato-Verbündeten gegen seine Feinde zu untergraben?» Oktay spielte auf die Unterstützung der USA für die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien an. Ankara sieht in der YPG einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

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